„Die Zwillinge“ schwimmen auf der 68er-Welle mit

Zwei Frauen erinnern sich an ihre Jugend mit prominenten Männern

(vf) Zwei Schwestern, derzeit  Endfünfzigerinnen und laut eigenem Bekunden „Filmemacherinnen, Fotografinnen, Designerinnen“,  eineiige Zwillinge, haben mit Unterstützung des (einigermaßen erfolgreichen) Schriftstellers Jamal Tuschick ihre Memoiren unter dem Titel „Die Zwillinge“  notiert. Diese Memoiren erschienen jetzt, im Frühjahr 08, in dem jungen Frankfurter „Weissbooks“-Verlag.

Die beiden Frauen, Jutta Winkelmann und Gisela Getty geb. Schmidt, stammen  aus Kassel. Sie wurden geboren 1949 als Töchter eines früheren Wehrmachts- oder SS-Offiziers; sie erlebten ihre „interessantesten“ Zeiten während der Studentenbewegung und in den Jahren danach. Die Veröffentlichung der Memoiren passt  also zum „68er“-Jubiläumsjahr 2008.

(Betrachtet man Print- und andere Medien  der vergangenen Monate, erkennt man: Das Großereignis „1968“ wird in der Bundesrepublik derzeit so ausgiebig öffentlich beredet und beschrieben wie bisher bei keinem früheren potentiellen Jubiläum, etwa in den Jahren 1988 oder 1998)

Die „Zwillinge“ waren nach Erscheinen der Buchs einige Wochen lang für zahlreiche Medien ein Anlass zu Buchbesprechungen, zu Interviews mit den Zwillingen und mit ihrem Ghostwriter. Im Internet liegen zum Buch und den Schwestern bereits mehrere Texte vor, vom „Stern“, vom „Tagesspiegel“, vom „Spiegel“, BIZ etc.. Der Verfasser dieses kleinen Aufsatzes bediente sich dort und  an einem Interview, das der Fernsehsender SWR III in Stuttgart aufnahm und in der Serie „Leute“ ausstrahlte.

Der Lebenslauf der eineiigen Zwillinge ähnelt sich über weite Strecken. Er kann als exemplarisch für EINEN Strang der Studentenbewegungsgeschichte und ihrer Nachgeschichte genommen werden, einen Strang, in dem es  vor allem um (angeblich) neue Lebensstile, um (angeblich) neue Erfahrungen, um (angeblich) neue Genüsse ging, aber nur wenig um die Verbesserung  der Welt insgesamt.

Die Selbstauslegung der beiden Frauen in dem genannten Buch lässt hundertpro Selbstgewissheit spüren. Fallweise erscheint mir die Selbstauslegung in sich selbst widersprüchlich.

Weniger durch eigene Leistung (wenn man von einem Filmdebüt absieht) als vielmehr durch die KONTAKTE zu den „richtigen“ Leuten wurden die beiden Frauen berühmter als die meisten ihrer Altersgenossinnen: sie waren, wie man so sagt, „Freundinnen berühmter Männer“. Sie waren die meiste Zeit ihres Lebens „Groupies“ und sind es womöglich bis heute, so kamen sie auch JETZT in die Medien auf dem Umweg über den einstigen (Ex-)Kommunarden Langhans. Die längste Groupie-Phase der beiden Frauen bezieht sich auf dieses früher in Berlin, später und gegenwärtig vorwiegend in München lebende „Kommune-2“-Mitglied Rainer Langhans.

Einiges zum Lebenslauf, jetzt chronologisch

Anfang der siebziger Jahre zogen die Zwillinge von Berlin nach Rom, wo sie sich, soweit es nur irgend ging, in der Schickeria der Hauptstadt aufhielten (Namedropping in einem Interview: „Fellini, Bertolucci, Rossellini, Moravia“). Die beiden Frauen hatten damals auch eine  Beziehung zu dem RAF-Terroristen, „Haschisch-Rebell“ und Stasi-Informant (!) Bommi Baumann, der in jener Zeit  in Italien lebte.

Die Zwillinge wurden in Rom unter anderen auch mit John Paul Getty III bekannt, dem Enkel bzw. Sohn gleichnamiger US-Öl-Milliardäre (diese werden zwecks Unterscheidung als JPG I und II notiert).

JPG III, geboren 1956, war erst 17 Jahre alt, als er einen der beiden Zwillinge heiratete.  Gisela war zu diesem Zeitpunkt bereits  kurz mit dem Schauspieler Rolf Zacher (geb. 1941) verheiratet gewesen, hatte 1972 ein Kind von ihm bekommen und heiratete JPG III kurz, nachdem dieser aus einer Geiselhaft freigekauft worden war. Die Entführungszeit hatte fünf Monate gedauert. - Mit JPG III hat Gisela einen Sohn, Paul Balthazar, geb. 1975, derzeit in Kalifornien lebend.

Als John Paul Getty III auf der Suche nach dem Süßen Leben aus den USA nach Rom kam, hatte er nicht viel Geld, sondern nur die Anwartschaft, eines Tages viel Geld zu erben. Gisela und JPG III träumten gleich zu Beginn ihrer Beziehung, noch vor der Heirat, von einem speziellen Verfahren,  zu mehr Geld zu kommen, nämlich mittels einer (vorgetäuschten) Entführung von JPG und einer damit zusammenhängenden Erpressung von Lösegeld beim Vater oder Großvater.

Was das junge Paar nur träumte, aber nicht tat, das TATEN dann 1973 italienische Mafiosi. Sie entführten JPG III und hielten ihn fünf Monate in einem engen Verließ fest, bis zur Zahlung von Lösegeld. Anscheinend stellten die Entführer ihr Opfer in dieser Zeit mit Drogen ruhig. Die reichen Angehörigen des Gekidnappten wollten zunächst auf die Erpressung nicht eingehen – bis die Erpresser ihrem Opfer ein Ohr abschnitten und dieses per Post an eine römische Zeitung schickten, als Zeichen dafür, dass es ihnen „ernst“ sei. - Fatalerweise streikten um jene Zeit Postbedienstete, so dass das Ohr MEHRERE Wochen Beförderungszeit bis zum Adressaten benötigte, Zeit, die der arme JPG III zusätzlich in seinem Verließ ausharrte   bis der Großvater dann – beeindruckt von der Ohr-Aktion  - dreieinhalb Millionen Dollar zahlte.

Nach seiner Freilassung soll JPG unter Schock gestanden haben und wollte, so die Einschätzung der Ehefrau Gisela geb. Schmidt, von Todesangst gezeichnet, noch möglichst viel erleben.

Drogenkonsum war ein wichtiges Element im Lebensstil sowohl von John Paul Getty III wie seines Vaters, seiner Stiefmutter, seiner Ehefrau Gisela samt deren Schwester, später auch des Sohns von Gisela und JPG III, Balthazar.

Zu dieser Drogenkarriere des JPG III gehört ein Vorfall mit fatalen Folgen, Folgen, die bis heute anhalten: JPG III vertat sich im Jahr 1980 (oder 81) bei einer Drogen-Einnahme, er fiel ins Koma und erwachte aus dem Koma fast sprech- und bewegungsunfähig und blind. Er lebt seitdem im Rollstuhl. Er kann sich nur mühselig verständlich machen.

Zum familiären Drogenkonsum noch weiter: JPG IIIs Vater war zeitweilig Drogi, dessen zweite Ehefrau starb 1971 an einer Überdosis Rauschgift. JPG-III-Sohn Balthazar war schon früh als Schauspieler erfolgreich (als 12jähriger erhielt er die Hauptrolle in dem Film „Herr der Fliegen“), wurde dann aber ebenfalls stark drogenabhängig. Er hat sich, so seine Mutter in einem Interview, inzwischen davon befreit, ist verheiratet, hat vier Kinder und dreht Filme. Die Mutter äußerte in einem Interview zum  Thema „Drogen und Balthazar“: Eltern hätten keinen Einfluss darauf, ob ihr Kind Drogen nimmt oder nicht. Den Drogenkonsum ihres Sohnes Balthazar „erklärt“ sich Gisela Getty so: Der Sohn habe mit seinem drogengeschädigten Papa solidarisch sein wollen.

Zu den prominenten Freunden der Zwillinge zählte unter anderem der RAF-Terrorist Bommi Baumann, der Liedermacher und -sänger Bob Dylan,  der Schriftsteller Wolf Wondratschek, der Filmschauspieler Dennis Hopper, der Kommune-Mitgründer Rainer Langhans. Letzterer hat 1994 einen Film über die Zwillinge gedreht, einen Film, in dem unter anderem der Liedermacher und Sänger Leonard Cohen, die Porno-Darstellerin und Schmuck-Herstellerin Uschi Obermaier (einstige Geliebte von Rainer Langhans), der Regisseur Werner Herzog und der Drogen-„Guru“ Timothy Leary zu Wort kommen (Der Film erhielt den Adolf-Grimme-Preis für gute Dokumentarfilme und das Prädikat „Besonders wertvoll“).

Jutta Winkelmann, eine der beiden Schmidt-Sisters, gründete zusammen mit Brigitte Streubels   im Jahr 1976 den „Harem“ von Rainer Langhans, später kamen auch Jutta-Schwester Gisela Getty und weitere Frauen dazu. Bis auf eine von fünfen wohnen die „Harem“-Frauen so nah zu Langhans’ Schwabinger Wohnung, dass sie sich gegenseitig mit dem Rad erreichen leicht können.

Barbara Nolte im „Tagesspiegel“: „Untereinander verstehen sich die Frauen nicht wirklich. Jetzt arbeitet Langhans schon 25 Jahre mit ihnen und hat es nicht mal geschafft, dass sie sich richtig mögen. Es ist ja auch schwierig: Sie haben sich die anderen Frauen nicht ausgesucht. Jede von ihnen hat sich nur Rainer Langhans ausgesucht.“ ( http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Die-Dritte-Seite;art705,2257669)

Durch den Tagesspiegel-Text erfahren wir das Harems-Detail, dass dort sex-mäßig nicht viel läuft. Eine aus der Frauenrunde erklärt. „Rainer will keinen Samen verlieren... Er arbeitet da schon lange dran.“

Mitglied Christa Ritter resümiert zur Politik-Ferne des derzeitigen Lifestyls:  „Wenn man sich erst mal mit seinem Inneren beschäftigt hat, geht man auf keine Demonstration mehr.“ - Die Haremsfrauen haben ihre Berufe „längst aufgegeben“, sie leben „von ihrem Vermögen oder von Sozialhilfe“.

Einige Aussagen der Zwillinge

Die Zwillinge betonen, dass in ihrem Leben eigentlich immer die jeweilige Schwester an erster Stelle stand. MÄNNER konnten nie die erste Stelle einnehmen. - Vielleicht ist das ein Grund, dass die beiden Frauen jeweils mehr als eine gescheiterte Ehe hinter sich haben und vier Kinder von vier verschiedenen Vätern. Sie selbst feiern diese angebliche Unabhängigkeit von Männer mit der Behauptung: Männer hätten sie wegen der Dominanz der jeweiligen Schwester in der Zwillingsbeziehung „nie kolonialisieren“ (sic!) können.

Ich stelle mir vor: Vielleicht konnten sich Männer auch gerade darum nicht bei den Schwestern wirklich wohl fühlen, weil sie spürten: Wir sind  und bleiben zweite Wahl – und trollten sich daher rasch. - Sicher nicht eheförderlich ist auch die in einem Interview zitierte Aussage der beiden Frauen: Sie beide hätten Ehen immer als Gefängnisse empfunden.

Wegen der Beziehung zu einigen Männern  („wer darf?“) stritten sich die beiden Schwestern nicht nur verbal, sondern auch handkräftig. Das scheint sie aber nicht zu stören. Sie erzählen dieses Verhalten, ohne sich dessen zu schämen und ohne an ihrem Charakter zu zweifeln. Sie wirken völlig mit sich einverstanden (mir fällt da Goethes Verslein für jene Art Menschen ein, die sich locker streiten und vertragen).

Seit dreißig Jahren haben beide Frauen eine Beziehung zu Rainer Langhans. Winkelmann in einem Interview: „Rainer ist für uns eher eine Selbsterkenntnismaschine. Das ist eine Arbeitsbeziehung.“ (Berliner Morgenpost vom 17. Februar 2008) – Winkelmann schwärmt weiter: Ihr „Projekt“ derzeit sei „Lieben lernen“. Und: „Die meisten Frauen sind doch heute unglaublich kalt. Sie benutzen den Mann dazu, ihre Wünsche zu erfüllen.“

Ohne sich an diesen Satz zu erinnern, äußert J. Winkelmann im selben Interview an anderer Stelle: Mit Anfang zwanzig wollten die Zwillinge „ein kreatives Zentrum aufbauen... Um das zu verwirklichen, hielten wir nach Männern mit Geld Ausschau.“

MEINE, des Autors dieser Zeilen, Empfindung lautet: Die Sisters projizieren heftig; sie werfen anderen Frau das vor, was sie selbst leben, zumindest: was sie lebten.

J. Winkelmann betont einen angeblichen Unterschied zwischen psychedelischen Drogen und anderen. Psychedelische Drogen und Meditation seien dem Sex vorzuziehen. „Leider funktioniert sie (gemeint: Meditation) nicht, und dabei mache ich das schon fast dreißig Jahre.“  -

Der Autor dieser Zeilen fragt sich da: Warum kehren die Zwillinge bei nichtfunktionierender Meditation nicht zum SEX als Daseinsform zurück?

Einerseits schwärmen die Schwestern von Selbstsuche und Selbstfindung. Aber auf die Frage von Sven Michaelsen  von der „Berliner Morgenpost“ (17. 2. 08:  -  http://www.morgenpost.de/content/2008/02/17/biz/947274.html ), ob das „dauernde Rumpopeln am eigenen Ich“ wirklich klüger mache, kommt die ganz andersklingende Antwort: : „Man wird dümmer. Je mehr man über sich reflektiert, desto unfassbar größer wird das Nichtwissen.“

(Mir fällt da eine weitere These J. W. Goethes ein: dass man sich selbst nur erkennen könne durch HANDELN).

Als die beiden Schwestern daran dachten, ihren Freund JP Getty III zum Schein zu entführen und  dessen Großvater um Lösegeld zu erpressen, hatten sie (laut Aussage im Jahr 2008) die RAF-Mitgliede Ulrike Meinhof und Andreas Baader zu Vorbildern: „Wir hielten die für Freiheitskämpfer der Revolution.“ (20.2. - http://www.welt.de/vermischtes/article1689456/Wilde_Zwillinge_und_ihre_Nacht_mit_Bob_Dylan.html

Über die Beziehung zu Getty III, der in den USA lebt, wohingegen seine frühere EHE-Frau in München,  sagt Gisela heute: „Wir haben eine sehr enge und zärtliche Freundschaftsbeziehung. Er ist mein Vertrauter, ich bespreche alles mit ihm.“  Interviewer Michaelsen (17.2. -  http://www.morgenpost.de/content/2008/02/17/biz/947274.html) fragt nach: „Wie oft sehen Sie sich?“ – Die Antwort: „Etwa zwei Monate im Jahr.“

 (Der Autor dieser Zeilen empfindet: Zitate können schlimmer wirken als Parodien).

Alles easy

Als Beispiele für ihre durch moralische Bedenken uneingeschränkte Sexualität werden in dem Interview mit Michaelsen folgende Ereignisse erwähnt: Während John Paul Getty III grade entführt war, hatte seine künftige Ehefrau heftigen Kontakt mit dem Schauspieler Dennis Hopper. Wenige Tage, bevor die Ehefrau dann mit Balthazar niederkam, erwischte die Ehefrau ihren Ehemann bei Sex mit einer Freundin, „später“, erzählt sie in dem zitierten Interview, hat er sich in die Sängerin Patti Smith verliebt und ist mit ihr um die Welt getourt. Kurz bevor er ins Koma fiel, wollte er eine Italienerin heiraten.“

Sex galt zwar den beiden Frauen damals angeblich als Heilsbringer, aber SELBST erfahren haben sie sex-bedingtes Heil anscheinend nicht. Jutta Winkelmann sagt im „Stern“-Interview: „Als 68er dachten wir, die sexuelle Befreiung muss stattfinden. Damit verband man einen phantastischen Orgasmus, der aber nie eintraf. Und dadurch war man immer auf der Suche. Es gab fröhliche Nächte, aber hinterher hatte man oft Kopfweh. Die Heilserwartung, die Erschaffung des neuen Menschen durch die Sexualität, hat sich für mich jedenfalls nicht erfüllt.“

Auf die Frage des Interviewers („Berliner Morgenpost“, 17.2.08), ob die beiden ihr Leben als geglückt empfänden, lautet die Antwort: „Als kleine Mädchen in Kassel haben Jutta und ich uns vorgenommen, später einmal so zu leben, dass wir ein Buch drüber schreiben können. Das ist uns gelungen.“

An Selbstbewusstsein hat es den beiden Schwestern nie gefehlt. In einem „Stern“-Interview mit Irmgard Hochreiter (20. 2. 08 - http://www.stern.de/lifestyle/leute/611531.html)  erklärt Gisela Getty: Wir haben damals, Ende der sechziger Jahre, „alle in Allmachtsfantasien geschwelgt, sahen uns in einer Reihe mit Hermann Hesse, Nietzsche, Che Guevara, Mozart. Wir waren die geniale Generation, dazu ausersehen, eine neue Welt zu schaffen.“

Über Frauenrollen, über Männerrollen, über Mütter

In mehreren Interviews sehen sich die Zwilinge in der Defensive.  Ein Interviewer (20. 2. 08 - http://www.welt.de/vermischtes/article1689456/Wilde_Zwillinge_und_ihre_Nacht_mit_Bob_Dylan.html) erinnert kritisch daran, dass die Kinder der beiden Frauen des öftern wenig Zuwendung durch ihre Mütter erhielten (weil die halt ihren Jet-Set-Erlebnissen nachgingen). Frau Getty rechtfertigt sich: „Meine Kinder lieben mich trotzdem. Wir haben das allerbeste Verhältnis... Wir waren eben nicht wie diese beknackten Mütter heute, die ihre Kinde zum alleinigen Lebensinhalt machen. Das ist für Kinder doch eine wahnwitzige Bürde.“

Heute bedauert Frau Getty, dass sie überhaupt Kinder hatte. Und dass sie dann die Männer, die die Väter ihrer Kinder waren,  weggebissen habe. „Wenn schon Kinder, dann mit Männern, denn Kinder brauchen Väter. Alleinerziehend zu sein, finde ich elend. Damals wollte ich es so haben, weil man unter gar keinen Umständen in diese Mutter-Hausfrau-Ehefrau-Rolle reinwollte.“

„Die NS-Generation hat kein Recht, uns unseren Lebensstil vorzuhalten“

Eine brüchige Selbstverteidigung 

 Mehrfach in Interviews wird den beiden Frauen ihr libertiner Lifestyl vorgehalten. Die Standard-Verteidigungsposition lautet dann so: Der Lebensstil der 68er sei weit besser gewesen als die Lebensweise ihrer NS-Eltern und überhaupt die der Elterngeneration, die so vorzüglich bei den nationalsozialistischen Verbrechen, bei Krieg und Massentötung, mitmachten. Im Stern-Interview äußert Jutta Winkelmann: „Wer heute sagt: Damals begann der Werteverfall, dem sage ich: Wir haben Werte GESCHAFFEN. Unsere Eltern hatten den Massenmord in Nazi-Deutschland mit zu verantworten.“ 

Diese Aussage eines der beiden Schmidt-Zwillings beeindruckte mich zunächst sehr. Ein scharfsinniger Rezensent bemerkte freilich, dass die beiden Frauen ihre Kinder, wenn sie jemand zur Betreuung benötigten, zu eben jenen angeblich so beschissenen Eltern brachten. An der wohlklingenden Selbstverteidigung der Schmidt-Sisters darf man meines Empfindens folgende Kritik üben: Wer sich wirklich von jener üblen Generation distanzieren und in dieser Distanzierung ERNST genommen sein will, der darf nicht so unvorsichtig sein, Kinder diesen angeblichen Monstern anzuvertrauen.  

Die jetzt vorliegenden Memoiren sind in verschiedenen Medien  bereits mit Lorbeeren bedacht. Man gewinnt den Eindruck: Die Kombination von Jetset, Drogen, „68“, freie Liebe, Meditation, Rom, Los Angeles, Hollywood, großer Reichtum etc. kommt bei einigen Rezensenten gut an. - Dem bereits erfolgten Medien-Hype kann ein Verkaufs-Hype folgen.

Veit Feger

eMail:  Veit.Feger@t-online.de

zurück zur Hauptseite