Besonderheiten des Ehinger Heimatmuseums.

Zwei Bilder der habsburgische Kaiser Maria Theresia und Josef II im Ehinger Museum

Sieht der nicht aus wie „Kaiser Joseph“ im Film „Amadeus“?

Vermutlich kennen heute mehr Menschen den fabelhaften Film „Amadeus“ über den Komponisten Mozart (am Wiener Kaiserhof) als dass sie etwas wüssten vom WIRKLICHEN einstigen Kaiser Joseph II. Heutige Zeitgenossen kennen aus diesem berühmten FILM den hier abgebildeten Kopf des österreichischen Kaisers

Der Joseph im Film Amadeus Regie; Milos Forman, Foto Wiki

Der „Amadeus“-Film machte diesen Joseph II publiker als die allermeisten Geschichtsbücher der jeweiligen Schulzeit, obwohl auch da schon mal ein Bild zu sehen war mit diesem hellhäutigen Kopf und den glatt nach hinten gekämmten hellen Haaren.

(hier eigens im Ehinger Museum für diese Serie fotografiert, Foto: Veit Feger)

Diesmal geht es uns also um das schöne Portrait dieses habsburgischen Kaisers im Ehinger Museum. Joseph II war früher für Deutsche einer der bekanntesten Männer auf dem deutschen Kaiserthron; er war zudem der Sohn einer noch bekannteren Kaiserin, Maria Theresia, deren Bild im Ehinger Museum ebenfalls zu sehen ist, es hängt neben dem ihres Sohnes.

Kaiserin Maria Theresia in Witwenkleidung, wie man sie im Ehinger Museum sieht. Foto: Veit Feger

Vielen Besuchern des Museums ist bereits bekannt, dass die Stadt Ehingen fast ein halbes Jahrtausend lang zu dem deutschen Fürstenland Habsburg (als einem Teil des „Deutschen Reichs Römischer Nation“) gehörte.

Solch eine Zugehörigkeit wurde früher in Amtsräumen gern dokumentiert durch ein an auffallender Stelle aufgehängtes Bild des jeweiligen Herrschers. Heutigen Tags erleben wir solche Bekenntnisse zu einem Staatsoberhaupt in Deutschland selten, am ehesten noch folgen Angehörige anderer Staaten, die in Deutschland leben und hier einen Treff einrichten, diesem Brauch: lange Zeit sah man im einstigen Ehinger jugoslawischen Klub (VOR dem traurigen Auseinanderfallen dieses mehrere Nationen umfassenden Staats) an der Front des Versammlungs- und Festsaals ein großes Foto des einstigen Regierungschefs Marschall Tito und zugleich ein Foto des damaligen deutschen Bundespräsidenten von Weizsäcker hängen; im Aufenthaltsraum der Moschee im Ehinger Stadtgebiet Gries prangen derzeit (im Juni 2019) Bilder des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan und von Präsident Steinmeier. So ähnlich muss man sich im 18. Jahrhundert die „Hängung“ von Bildern des Kaisers Joseph II und seiner Frau Mammá vorstellen; sehr wahrscheinlich hingen solche Portraits im Ehinger „Ständehaus“ (einem einstigen vorderösterreichischen Regionalparlament und jetzigem Amtsgericht) oder im Rathaus der Stadt.

Joseph II trägt auf unserem Bild keine Krone - obwohl er das Recht hatte, deren MEHRERE zu tragen. Diese Kronenlosigkeit ist mit Überlegung gewählt! Wie es dem Geist der Zeit, der sogenannten Aufklärung, entspricht, wollten damals auch gebürtige Regierungschef nicht so sehr mit Abzeichen ihrer Macht, also mit einer Krone, prunken, sondern mit ihrem Gesicht.

 O.k., ‘ne Uniform musste schon noch sein, auch n Orden dran, als Zeichen für (angebliche) Verdienste - aber ansonsten wollten zahlreiche Herrscher damals viel mehr durch gute Regierungsleistung ihre Untertanen davon überzeugen, dass die Position eines Kaisers mit GUTEN, vernünftigen GRÜNDEN besteht und nicht nur bestehe „von Gottes Gnaden“, eines Gottes, von dem man inzwischen wusste, dass der öfter mal seine Launen hat und ganz seltsame Leute auf einen Thron setzt.

Zeitweilig hingen in den Amtsstuben im Herrschaftsbereich der Habsburger auch die Bilder von Mutter und Sohn einträchtig nebeneinander, weil Maria Theresia einen Teil ihrer Macht zugunsten ihres Sohnes abgab. Theresia trennte sich aber lange Zeit nicht völlig von ihrem Amt, obwohl sie ihre Macht vollständig an den Sohn hätte übertragen können; sie wollte ihn vermutlich noch etwas unter Kontrolle behalten; sie war zwar froh, dass sie einen männlichen, von IHR geborenen Thronerben aufbieten konnte, wie das damals eine der Aufgaben eines Monarchen war (ihr eigener Vater hatte das nicht geschafft), aber Maria Theresia hatte ein gewisses Misstrauen gegen den Sohn (so wie derzeit eine englische Queen gegen ihren Sohne Charles). Der Junior war seiner Mutter MT zu reformerisch gesonnen; sie wusste, Joseph wollte sehr viel auf EINmal ändern, verbessern, korrigieren.

Dass Joseph von sich, seinen Fähigkeiten, überzeugt war, das kann man sich beim Betrachten dieses Portraits im Ehinger Museum gut vorstellen. Und wenn man den „Amadeus“-Film kennt, meint man geradezu, Regisseur Milos Forman habe das Ehinger Bild zum Vorbild seiner Schauspielersuche und der Film-Schminkungen genommen: Der „Amadeus“-Joseph guckt ebenso skeptisch-kühl aus den Filmsequenzen wie der „Ehinger“ Josef aus seinem Bilderrahmen.

Wer sich bei YouTube in einen der vielen dort auffindbaren Ausschnitte aus dem Milos-Forman-Film reinklickt, etwa in diesen, https://www.youtube.com/watch?v=Zl-N2JleNeU, kann sich leibhaft vorstellen, wie der „Ehinger“ Joseph aus dem Bilder-Rahmen tritt und selbstbewusst agiert.

Es gibt einen Zusammenhang zwischen jenem Joseph und der Stadt Ehingen, der im Museum nicht erkennbar gemacht wird. Zu Zeiten von Josephs Regierung konnte ein aus Ehingen stammender Aufklärer vergleichsweise frei von der Leber weg schreiben und vor allem KIRCHLICHES kritisieren, ohne dass er mit Zensur und Strafen überzogen wurde: Die Rede ist hier von Caspar Ruef, einem der seltenen Exemplare der „KATHOLISCHEN Aufklärung“.

Der Verfasser dieser Zeilen hat als erster in Ehingen auf diesen ungewöhnlichen, noch immer mit keinem Straßennamen gewürdigten interessanten Sohn Ehingens hingewiesen (Wer will, kann diesen Text im Internet nachlesen, http://veitfeger.homepage.t-online.de/ruef.htm; eine kurze Würdigung des Mannes erschien inzwischen auch in der Buchreihe der Ehinger Museumsgesellschaft, im Band „Bemerkenswerte Ehinger“, erschienen 2014). Und ein Öpfinger, der es bis zum Theologieprofessor in Wien gebracht hatte, Matthias Dannenmayer (1744 – 1805) konnte ebenfalls in jener Zeit ohne Nachteile publizieren.

Das einzige „Bild“, das uns von diesem zeitweiligen Freiburger Universitätsbibliothekar überkommen ist, zeigt ihn übrigens in einer ähnlichen Kleidung wie seinen zeitweiligen obersten Dienstherrn, den Kaiser Joseph II: am Hals auch nur ne lockere leichte Binde, kein Stehkragen, kein spanischer, weitausladender Spitzenkragen etc. * Veit Feger

Joseph II starb vergleichsweise jung und wurde von einem weniger großzügigen, weniger reformgesinnten Bruder abgelöst. Hinzu kam, dass die Französische Revolution (1789 etc.) den damaligen europäischen Regenten einen nachhaltigen Schreck einjagte, weshalb sie ihren Untertanen, vor allem den SCHREIBENDEN, nicht mehr so viel Freiraum lassen wollten. Mit der Französischen Revolution änderte sich das politische „Klima“ in Europa, und das bedeutete für den munteren Ehinger Schriftsteller Caspar Ruef, dass er seine spritzige Feder beiseitelegen musste…

Dieser Aufsatz erschien zuerst in der inzwischen gelöschten Website „Wir sind Ehingen.de“ und wurde im Juni 2019 überarbeitet.

kaiserjo.pdf

Veit Feger

eMail:  Veit.Feger@t-online.de

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