Büchergeschichten

Bücher, die mich beeindruckten – Bücher, auf deren Besitz ich stolz bin...

Der Schriftstellerin Anne Fadimans „Geständnisse einer Bibliomanin“ (1998) ließen mich an MEINE frühen Buchlektüren denken, an Bücher, die mich einst bewegten, an Erlebnisse mit Büchern.

Ich stelle fest: Es fallen mir erstaunlich viele Bücher ein, die mich als KIND und JUGENDLICHEN bewegten. Dabei hab ich doch als Heranwachsender und Erwachsener ungleich MEHR Bücher gekauft und gelesen.

Meine Mutter schrieb eigenhändig ein Märchenbuch

Eines dieser Bücher, die mich bewegten, obwohl ich nur wenig darin gelesen habe, steht im Bücherregal hinter meinem Bett und genau über meinem Kopf. Meine Absicht bei der Wahl dieses Stell-Orts: Dieses Buch darf einfach nicht in meinem Büchermeer untergehen, ist es doch von meiner Mutter EIGENHÄNDIG notiert. Es ist ein dünnes, schön mit violettem Leinen eingebundenes Buch, mit lauter Märchengeschichten, die meine Mutter teils abschrieb (?), teils dichtete; sie wurden von ihr aufgeschrieben zum Zwecke des Vorlesens vor Kindern. - Das Buch stammt aus der Kindergärtnerinnen-Zeit meiner Mutter, vom Ende der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Meine Mutter war damals knapp zwanzig Jahre alt. - Ob sie MIR je aus diesem Buch vorgelesen hat, weiß ich nicht mehr, gewiss ist aber: wenn sie es tat, dann nur wenige Male, ich vermute eher: NIE (weil die Arbeit im Zeitungsbüro immer und allem VORging).

Einige Bücher erinnern mich an die EHE meiner Eltern: Es sind Bücher, die ich wegen ihres Inhalts (etwa „Hölderlins Gedichte“) mehr dem Vater als der Mutter zuordne. Auch wenn sie meinem Vater gehörten, so hat doch meine MUTTER (an ihrer Handschrift erkennbar), als EIGENTÜMER den Namen ihres Mannes, meines Vaters, eingetragen.

Es waren damals schon SCHÖNE Bücher; das sind sie auch noch heute. Ich kann mir vorstellen, dass meine Mutter einige von ihnen meinem Vater geschenkt hat.

Die violette Riesenbibel mit Fugel-Bildern...

Die GRÖSSTEN Bücher meiner Kindheit waren mächtige Folianten in ZEITUNGSgröße. Diese Folianten entstanden solcherart: Von den im Zeitungsverlag der Eltern und Vorfahren gedruckten und/oder verlegten Tageszeitungen wurde eigens Tag für Tag je ein Exemplar gesammelt, später dann mit anderen Exemplaren zusammen gebunden, erst, anno 1834, zu Ganzjahrsbänden, dann, infolge ständig steigender Umfänge, halbjährlich, dann vierteljährlich, dann zum „Schluss“, in den letzten Jahren der Feger-Verantwortlichkeit: zweimonatlich.

Der - NACH den Zeitungsbänden - ZWEITgrößte Band meines jungen Lebens war eine Bibel im Din-A-4-Format, gebunden in einem violetten Leinen-Einband: goldgeprägte Fraktur-Buchstaben auf der Einband-Vorderseite; der Band selbst illustriert mit vielen Bildern des einstigen Münchner Kunstprofessors Gebhard Fugel (1863-1939). Die biblischen Personen waren in diesen farbigen Bildern von der Bekleidung und vom „Ambiente“ her historisch einigermaßen zutreffend dargestellt (Wenn man davon absieht, dass die echten Gewänder vor zweitausend Jahren wohl weder so sauber noch so unbeschädigt waren und auch die Haut der damaligen Menschen sicher mehr Runzeln und andere Unschönheiten aufwies ). Jesus war auf diesen Bildern ein kerniger bärtiger Mann, Maria trug immer ein Tuch auf dem Kopf…

Als ich für die vorstehenden Angaben auch ins Internet ging, stellte ich fest: Der berühmte Illustrator Gebhard Fugel stammte aus dem Raum, den ich als meine weitere Heimat ansehe: aus Oberschwaben, genauer: aus der Nähe von Ravensburg.


.... und die verbotenen Bücher der Sünder

Dem Stichwort „Bibel - Religiöses Buch“ folgen auf dem Fuß deren WIDERsacher, die „sündigen“ Bücher (smiley). - Im Bücherschrank meines Vaters entdeckte ich mit etwa vierzehn Jahren den Roman

Candide“ von Voltaire.

Ich weiß noch heute: Der Buch-Einband war aus gelbem Karton, der Rücken aus rot gefärbtem Leder, goldgeprägt.

Ich war damals grad, wie man so sagt: „geschlechtsreif“ geworden. Ich empfand damals diesen Roman als obszön; er verführte mich zu einigen „Jugendsünden“ (die - nach katholischer Morallehre - nicht nur Jugend-, sondern auch Erwachsenen-„Sünden“ sind). Wenn ich HEUTE in den „Candide“ reinschaue, kann ich nicht verstehen, was mich damals so sehr erregte. - Ein Teil dieser Erregungskraft rührte vermutlich daher, dass ich mit dem Namen Voltaire die Begriffe „verboten“ „Kirchenfeind“ „größter Freigeist seiner Zeit“ verband; dazu kam die - vor sündenweckender Lektüre warnende - Verurteilung von Voltaires Bücher durch katholische Geistliche und die Aburteilung seiner Romane als „schlüpfrig“ - ein heute beinah ausgestorbenes Eigenschaftswort, damals aber ein Wort mit der Aura des VERRUCHTEN…..  - Ich kann nicht verstehen, was mich einst daran erregte

Eine ähnliche Wirkung wie der „Candide“ auf mein Seelen- und Geschlechtsleben hatte ein weiteres Buch, das ich im Mahagony-schwarzen Repräsentativ-Bücherschrank meines Vaters fand, ziemlich versteckt:

Joris Karl Huysmans (1848 – 1907) „Gegen den Strich“ (A rebours),

in einer kleinen, in blaugefärbtes Saffian-Leder gebundenen Dünndruck-Ausgabe.

Auch dieses Büchlein verführte mich „zur Sünde“ (ich verwende hier die Wortwahl meiner katholischen Herkunft). - Warum ich von solchen Lektüren erregt wurde, ist mir heut ein Rätsel. - HEUTE ödet mich der überdosierte Parfüm-Geruch dieses Fin-de-Siècle-Romans an… - welch Wandel der Zeiten und Empfindungen!

Ein angebliches „Gegengift“ gegen sündige Bücher

Weil wir schon bei der „Sünde“ sind, erinnere ich mich an das (ebenfalls im Elternhaus gefundene) katholische Gegengift gegen diese „Sünde“, das Buch eines Geistlichen, der unter dem Titel einer „Aufklärungs“-Schrift Angst und Schrecken verbreitete über die grauenhaften FOLGEN jener schrecklichen (Jugend-)Sünde, als da sind: „Rückenmarksschwund, unwillkürliches Zittern, früher Wahnsinn“ etc. etc. - Ich fragte mich schon damals: Warum leiden reguläre Eheleute nicht AUCH an eben diesen Symptomen? Schließlich verüben sie ja, physiologisch betrachtet, per Beischlaf den selben Vorgang aus wie ein Einzelner mit seiner Sexualität ALLEIN!? –

Dieser - gedachte - Einwand nahm mir leider damals, vor gut fünf Jahrzehnten, nicht meine Ängste vor den schrecklichen Folgen dieser „Sünde“.

Wegen dieser Bücher sehe ich meinen Vater auch positiv

Voltaires „Candide“ und Huysmans‘ „A Rebours“, dazu ein Band des in meiner Jugend und von meiner Herkunftsreligion ebenfalls verpönten Schriftstellers Honoré Balzac, diese „verbotenen“ Bücher aus dem Besitz meines Vaters heben heute bei mir das Ansehen meines Vaters; ich empfinde: Er war zumindest zeitweise ein auswahlfähiger, vorurteilsarmer, intelligenter Buchkäufer.

Ich zitiere eine Passage aus meinen „Erinnerungen“. „Mein Vater erhielt während des Volkswirtschaftsstudiums in Heidelberg und München von seinen Eltern wenig Geld; es war ja nach der sogenannten Weltwirtschaftskrise eine schwere Zeit; zudem war er das erste von sieben Kindern, die alle ebenfalls standesgemäß auszubilden und/oder zu versorgen waren. Er hatte also während seines Studiums kaum Geld für Bücherkäufe, aber die wenigen Bücher, die er damals erstand, weckten später bei mir MEHR Bewunderung für ihn als irgend sonst etwas. Was er während des Studiums an Büchern erwarb, das waren (soweit hier noch nicht erwähnt) ein Bändchen

Altägyptische Märchen“, herausgegeben von Ulrich Steindorff, Berlin o.J. ( nicht vor 1924)

Erfolg“, ein Roman von Lion Feuchtwanger (die Erstausgabe, zwei Bände, schön in schwarzgefärbtes Leinen gebunden; in Ehingen später von unserem Hund Peter zu meinem großen Leidwesen BENAGT)“

Zu den besonderen Bücherschätzen meines Vaters zählte auch der schon erwähnte Balzac-Band

Glanz und Elend der Kurtisanen“, Rowohlt Berlin (20er Jahre), 370 Seiten Dünndruck, Leinen, gold und rot imprägniert.

Das Lied vom Recken Dschangar

und ein „Epos“ über Expeditionen russische Polarforscher

Einige mir von meinem Vater überkommene Bücher weisen hin auf die Zeit des von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkriegs und insbesondere an den von Deutschland ausgegangenen Eroberungskrieg gegen die Sowjetunion. Diese Bücher faszinierten mich als Kind und Jugendlichen, sie faszinieren mich bis heute.

Mein Vater, Jahrgang1907, brachte zwei der im folgenden genannten Bücher „aus dem Rußland-Feldzug“ heim. („Russland-Feldzug“ - so sagten die meisten Deutschen nach „1945“. Ich habe so gut wie NIE in den ersten vier Jahrzehnten meines Lebens vom „Angriffskrieg gegen die Sowjetunion“ reden hören, was freilich das RICHTIGE gewesen wäre.)

Das eine mir aus der Sowjetunion überkommene Buch ist in braunes Leinen gebunden, der Titel ist geprägt und vergoldet, der Inhalt ist ein kalmückisches Heldenepos,  „Dschangár“, Moskau 1940, Illustrationen von W. A. Favorski , in einem Stil, den wir Deutsche beispielsweise von den romantisierend-nationalistisch gestimmten Gemälden des frühen Alexej Jawlensky kennen. - Unser ukrainischer Freund Jura übersetzte mir Titel und Inhaltsverzeichnis.

Das ZWEITE von meinem Vater aus der Sowjetunion mitgebrachte Buch beschreibt sowjetische Polar-Expeditionen in den 30er Jahren. - Beide Bücher sind 1940 erschienen, letzteres infolge einer „Verordnung des Rates der Volkskommissare der UdSSR“. Im Jahr darauf, 1941, marschierten hunderttausende deutsche Soldaten in die Sowjetunion ein.

Diese beiden Bücher aus dem Besitz meines Vaters stammen laut Stempel aus der KP-Partei-Bücherei von Klin. Der genaue Stempeleindruck lautet: „Kabinett für die Parteiarbeit des Kreiskomitees Klin WKP(B) – Allrussische Kommunistische Partei – Bolschewiki“. Sogar der Preis ist verzeichnet: 30 Rubel. Klin liegt achtzig Kilometer nordwestlich von Moskau. Ich vermute: Dort war im Jahr 1942 das Generalstabsquartier einer deutschen Armee, und mein Vater war beim Generalstab als Kartograph beschäftigt - hinter der Front.

Zu meiner Vermutung „BEUTE-Bücher“ meint mein ukrainischer Freund Jura L. einschränkend: „Glaubst du, dass dein Vater an einem RUSSISCH gedruckten Buch wirklich interessiert war?“ - Wir einigen uns auf die FREUNDLICHERE Deutung des Hergangs, wie mein Vater in den Besitz der Bücher gelangte: „Er war mit der Bibliothekarin befreundet, sie hat ihm diese Bücher geschenkt.“ (smiley).

In einem der beiden sowjetischen Bücher liegen Gelände- und Frontverlaufskarten der Gegend westlich Moskau, Karten, die mit dem Buchinhalt nichts zu tun haben, Karten mit eindeutig militärischer Bestimmung (Mein Vater war damals ja Militär-Kartograph).

Außerdem lag ein einfaches Schachspiel aus bedrucktem Karton in dem Buch; es muss aus einer etwas späteren Zeit stammen, es war nämlich während des Zweiten Weltkriegs im Auftrag des protestantischen Jugendverbandes YMCA für kanadische Soldaten hergestellt worden und kam wohl erst in den Besitz meines Vaters während dessen US-Gefangenschaft in Louisiana.

Vaters Buch-Mitbringsel aus der Kriegsgefangenschaft in den USA

Mein Vater wurde im Jahr 1944 in seinem Quartier in Süditalien von Partisanen überrascht, am Leben gelassen (höchst ehrenwert!) und den vorrückenden US-Soldaten übergeben. Diese seine neuen Herren transportierten ihn per Schiff in die USA. Dort arbeitete er auf Zuckerrohr-Feldern. In Louisiana erwarb er unter anderem ein (nun bei mir vorhandenes) Lexikon Deutsch-Englisch und Englisch-Deutsch, ganz frisch gedruckt in Philadelphia im Jahr 1944 (meinem Geburtsjahr). Innen ist eingestempelt: „Sold by Prisoner of War Camp Canteen Camp Polk, Louisiana“ und der von meinem Vater in Sütterlinschrift eingetragene Name „L. Feger“.

Aus den USA brachte mein Vater auch

eine US-Geschichte aus der Feder von Allan Nevins und Henry Steel Commager mit.

Commager, später ein in den USA berühmter Historiker, war damals etwa vierzig Jahre alt. Er überlebte meinen 1985 verstorbenen Vater um einige Jahre. Gut dreißig Jahre nach der Gefangenschaftszeit meines Vaters, 1976, erwarb ich in Frankfurt antiquarisch eine deutsche ÜBERSETZUNG dieser US-Geschichte-Darstellung.

Wichtiger als Bücher war 1944 in den USA für meinen Vater das Erlebnis „FAIRE Sieger“! Sein wichtigste Mitbringsel aus den USA war die Erfahrung (die mir mein Vater selbst erzählte, als einen von wenigen Inhalten aus seiner Kriegs- und direkten Nachkriegszeit): „Die US-Amerikaner gingen sehr fair mit uns um. Wer ordentlich gearbeitet hat, konnte gut und reichlich essen. Wir wurden höflich behandelt. Ich habe gelernt, die amerikanische Demokratie als sehr positiv zu empfinden.“

Das Antiquariat als Fluchtort

Die irgendwo und -wann gestellte Frage „Wohin flüchten, wenn zuhause dicke Luft ist?“, weckte meine Erinnerung an ein bestimmtes Fluchtverfahren in meiner „FRANKFURTER Zeit“ Anfang der Siebziger Jahre. - Bei „dicker Luft“ flüchtete ich damals gern in ein für mich preislich günstiges Antiquariat, „Beckers & Repp“ an der Ostseite der Innenstadt, nahe der Dominikanerkirche (?). Beckers & Repp verkaufte damals unter anderem Lkw-Ladungen voll DDR-Bücher. Oft nahm ich unsere kleine Tochter Lili zu diesen Bücher-Schwelgereien mit, während meine Frau Uli, eine frischgebackene Studienrätin, damals auch am SAMSTAGvormittag unterrichten musste.

Bücher von weither – auf ungesetzlichem Weg befördert

Ein Buch aus dem Schloss der Herren von Marwitz

Wie grad notiert: Die DDR-Regierung verramschte in jenen Jahren wertvolle alte Bücher. Sie hatte diese Bücher enteignet in Schloss-, Kirchen-, Gemeinde- und Schulbibliotheken. Zu den Schlössern gehörte auch eines der alten preußischen Adelsfamilie von Marwitz (aus dieser Familie stammte auch ein Freund der Berliner Salonnière Rahel Levin.). Aus dem Eigentum dieser Adelsfamilie erwarb ich ein im 18. Jahrhundert gedrucktes Buch, dessen Titel mir irgendwie bekannt vorkam, das mich aber doch vor ein Autoren-Rätsel stellte.

Ich kriege den RICHTIGEN Verfasser raus

Das Buch kostete damals beim erwähnten Frankfurter Antiquariat Beckers & Repp fünf Mark. Laut Titelblatt war dieses Buch Ende des 17. Jahrhunderts von einem sogenannten Frühaufklärer verfasst und in Druck gegeben worden. Ich kam aber irgendwann und irgendwie dahinter, dass Autor- und Druckjahr-Angabe ERFUNDEN waren. Verfasser des Buchs war in Wirklichkeit der Aufklärer Paul-Henry Thiry Holbach; und das WIRKLICHE Erscheinungsjahr des Buchs war in den Siebziger Jahren des 18. Jahrhhunderts, also hundert Jahre später als im Buch selbst angegeben.

Wahnsinn: Ich VERSCHENKE eines meiner Bücher!

Ich war SEHR stolz auf diesen Buch-Fang, schenkte das Buch aber einige Jahre später dem US-amerikanischen Ehepaar Kenneth Wilson und Sharon Wilson-Sluboski. Sharon war mir bekannt aus ihrer Zeit als Mathematik-Studentin in Frankfurt (1968/69); sie wohnte ein Jahr lang im Studentenwohnheim an der Uni, während ich in diesem Heim Tutor war. Ihr Mann Kenneth, ein graduierter Atomphysiker, flog mit seiner Ehefrau Sharon (mal wieder) 1984 nach München, zum Atomforschungsinstitut Garching. Bei dieser Gelegenheit besuchten die beiden US-Wissenschaftler Uli und mich in Ehingen. Ich schenkte das Buch damals diesem Physiker Ph.D. Kenneth Wilson - er trug den selben Namen wie ein Physik-NOBELpreisträger. - Diese Tat war mein bisher größter Sieg über meine Buch-Behalte-Sucht (smiley).

Für meine Schweizer Freunde Jürg Nänni und Hannes Keller hab ich bei einem Besuch Jürg Nännis in dessen Wohnort Brugg diese Behalte-Sucht noch einmal überwunden, im Frühjahr 2010, und den beiden einige meiner liebsten Helvetica übergeben… J

Von dem amerikanischen Physiker- und Mathematiker-Ehepaar hab ich übrigens - trotz mancher Nachforschung – nie mehr etwas erfahren.

„Bücher-Idealist“ – eine sehr selten gewordene Spezies

Ein anderes Ziel meiner oben erwähnten Schmöker-Züge in den Siebzigerjahren war ein Buchladen am Anfang der Frankfurter Hammanstraße (In dieser Straße wohnten wir – die junge Familie Uli, Lili und Veit Feger; wir waren Hausmeister in Hammanstraße 10).

Der Buchladen lag so etwa auf halbem Weg zwischen dem „Theater am Turm“ und unserer Wohnung. Der vielleicht sechzigjährige, magere, unverheiratete Buchhändler saß dort eingezwängt zwischen drei, vier Meter hohen oder gar NOCH höheren Bücher-Wänden: Wänden, von unten bis oben zur Decke be-stellt mit Taschenbüchern. Dieser absolute Buch-Freak hatte ein riesiges Lager mit jahrzehntealten (Taschenbuch-)Beständen. Er bildete so eine ganz ungewöhnliche Fundgrube für längst Vergriffenes, zu einer Zeit, als man alte Bücher noch nicht per Internet suchen und - meist - finden konnte. Einen solch leidenschaftlichen Buchhändler und Antiquar hab ich später keinen mehr kennengelernt. Irgendwann – noch in meiner Frankfurter Zeit, vielleicht so um 1973, musste er seinen Laden schließen. Ein Geschäft wie das seine lohnte sich schon damals nicht. Wie wär das erst heute…! - Dieser Tage (2010) spazierte ich wieder mal durch die Tübinger Innenstadt. Da gab es früher (vor 45 Jahren) gegenüber der Stiftskirche berühmte Buchhandlungen und Antiquariate. In einem von ihnen (Heckenhauer) lernte von 1895 bis 1899 der spätere Nobelpreisträger Hermann Hesse den Buchhändler-Beruf; im anderen Buchladen (Gastl) las in den Sechziger Jahren der Philosoph Ernst Bloch vor; er war damals frisch aus der DDR nach Tübingen gekommen. Beide Buchhandlungen existieren in jener Form nicht mehr; das Heckenhauersche Antiquariat öffnet noch einige Stunden pro Woche. - Jahrzehnte NACH meiner Tübinger Zeit hatte ich dort sogar mal das Vergnügen, den aus dem deutschen Osten geflüchteten, in Tübingen heimisch gewordenen Schriftsteller Kay Borowsky http://de.wikipedia.org/wiki/Kay_Borowsky

kennenzulernen - nur ein Jahr älter als ich, ein 1943er. Borowsky verdiente damals ein paar Mark als Hilfsantiquar. Sogar dieser Posten lohnte sich für den Antiquariats-Eigentümer nicht mehr und wurde gestrichen.

Früher zogen mich Antiquariate an, jetzt Flohmärkte

Früher waren ANTIQUARIATE für meine Finde- und Sammelleidenschaft „natürliche Paradiese“, heute sind es FLOHMÄRKTE.

Vor drei, vier Jahrzehnten, so um 1970, fand man auf Flohmärkten noch vergleichsweise wenige Bücher. Inzwischen ist das sehr anders geworden. Zum einen: Die Drucktechnik hat die Herstellung von Büchern sehr verbilligt; zum andern: die Generation der begeisterten Nachkriegs-Bücherkäufer und -Bücherleser tritt ab. Grund für letztere Entwicklung: Ältere Buchfreunde sind zu alt geworden zum lesen oder haben zu wenig Platz für Bücher, weil sie ins Altersheim ziehen müssen; die Jüngeren, die Erben, wollen oft von Büchern nichts wissen, jedenfalls nichts von den Büchern ihrer „Grufties“.

Der Besuch von Flohmärkten gehörte schon während meiner Arbeit bei der Ehinger Schwäbischen Zeitung zu meinen größten Freizeit-Vergnügungen. Die Gelegenheit für solche „Fahrten“ nahm im Ruhestand noch zu.

Ich bin jedes Mal stolz auf meine Funde. So notierte und notiere ich nach einem solchen Entdecker-Tag oft die Titel der Neuerwerbungen und die mir - entweder bereits auf dem Flohmarkt oder dann beim ersten ’reinschauen zuhause auffallenden - Besonderheiten eines „Neuzugangs“. Solche Neuerwerbungs-„Rapporte“ sind ein von mir selbst verfasstes Preislied auf meinen guten Geschmack, auf meine vielfältigen Interessen und Kenntnisse (nach dem Motto: „MIR fiel als wichtig auf, was andere übersahen!“, es sind Zeugnisse meiner Selbstverliebtheit

Ein mir lieber, lang bekannter Antiquar, Rainer Feucht

Meine Arbeit als Zeitungsredakteur in Ehingen verschaffte mir das Vergnügen, einen begeisterten, mir etwa gleichaltrigen Antiquar kennenzulernen: Rainer Feucht.

Zunächst hatte Feucht sein Antiquariat in dem Dorf Allmendingen fünf Kilometer nördlich Ehingen, später dann (und derzeit, im Sommer 2010) in dem Städtchen Munderkingen an der Donau, 10 Kilometer von Ehingen donauaufwärts.

Feucht war einer der wenigen deutschen Antiquare, die sich auf „Abseitiges“ wie Erotika, auf so seltsame Themen wie „Werwölfe, Gift- und Rauschpflanzen“, „Skatologisches“ (das heißt: Scheißen, Pissen und Furzen), auf „Fahrende“ und andere ungewöhnliche Themen spezialisiert hatten. Das tat er nicht unbedingt aus NEIGUNG, sondern aus wirtschaftlichen Gründen, weil bei diesen Themen eine Marktlücke aufzutun und zu nutzen WAR und – in sicher kleinerem Umfang – noch nutzbar IST. R. Feucht hat früher, als sich das noch eher lohnte, zu seinen Sammelgebieten exzellente Kataloge verfasst und drucken lassen – Kataloge, die inzwischen für Kenner der jeweiligen Gebiete Besonderheiten mit Sammelwert sind. Reiner Feucht hat zahlreiche Bücher überhaupt ERSTMALS bibliographisch vermerkt.

Ein ungeheures Verdienst um Bücherfreunde wie mich hat sich Feucht durch die Organisation von Buchflohmärkten erworben; in ganz Oberschwaben waren diese spezialisierten ALLMENDINGER Flohmärkte viele Jahre lang die einzigen ihrer Art.


Auf Rainer Feuchts Bücher-Flohmarkt lerne ich

den „Bücher-Pastor“ und seine DDR-Schätze kennen

Auf einem dieser Bücherflohmärkte lernte ich den „Bücherpastor“ aus der Nähe von Göttingen kennen, einen evangelischen Pfarrer, der sich um die Rettung von nach der „Wende“ bedrohten DDR-Büchern höchste Verdienste erwarb. http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Weskott

Wenn die DDR irgendwo Hervorragendes produzierte, dann bei BÜCHERN, sowohl was die Inhalte wie die Form betrifft. Bei Pastor Martin Weskott konnte ich auf den genannten Allmendinger Märkten immer wieder noch lange NACH dem Ende der DDR Gutes und Schönes aus DDR-Produktion erwerben.

Bis zum Ende der DDR war es für einen Wessi schwer gewesen, an DDR-Bücher dranzukommen: Entweder man fuhr in diesen anderen deutschen Staat, was mit denkbar unangenehmen Grenzübertritts-Problemen verknüpft war, oder man reiste nach PRAG, wo es eine Buchhandlung mit sagenhaftem DDR-Sortiment gab – dazu als „Dreingabe“ noch den günstigen Schwarzmarkt-Währungsumtauschkurs! Was hab ich während meines einzigen Prag-Aufenthalts in den 80ern dort nicht alles gekauft!

Wie ich später feststellte, waren nur wenige Buchhandlungen in der DDR mit Büchern der eigenen ! Produktion gut ausgestattet. Am besten - aber wer konnte das schon beliebig – fuhr man als Wessi (oder Ossi) gleich in jene einst berühmte große, braun holzgetäferte Buchhandlung am Ost-Berliner Alexanderplatz, gleich beim DDR-Fernsehturm. (Noch heute erinnere ich mich an die Innenrichtung dieses Vorzeige-Buchladens, die ich EINmal, vor vierzig Jahren, im Februar 1970, sah.

Da fällt mir noch was zum Thema „DDR und Bücher“ ein. Ich stieß mal (natürlich auf einem Flohmarkt) auf einen Briefband eines einstigen „Aufbau-Verlag“-Chefs, eines idealen Kommunisten, Walter Janka: verfolgt vom Dritten Reich, exiliert in Südamerika, in die junge DDR zurückgekehrt, ein Verleger, Filmer, wegen seiner kritischen Einstellung aber dann verfolgt. Der Streit um die Schuld an jener Verfolgung durch DDR-Behörden, um „Zeugen der Anklage“ etc. wurde noch vier bis fünf JAHRZEHNTE daNACH, als die DDR schon „Geschichte“ war, ausgetragen: Ein Streit-Gegner Jankas war damals der Philosophieprofessor Harich (Ich habe dazu etwas in einem Aufsatz auf meiner Website notiert, unterm Titel: “Walter Janka - Die schönsten Ideale von Kommunisten werden von ihren PARTEIFREUNDEN zerstört“ - http://veit-feger.homepage.t-online.de/janka.htm)

„Das Buch erschien vor 30 Jahren“ – Was macht die Autorin HEUTE?

Zu den Vergnügungen der Bücherstreifzüge und Bücherentdeckungen zählt der Blick auf die BIOGRAPHIE des Autors und vor allem die Frage: Was macht der Autor denn HEUTE??

Wenn man auf einem Flohmarkt oder in einem Antiquariat ein Buch gekauft hat, dann ist das Buch ja meist schon länger auf dem „Markt“; Angaben über den Autor aus dem Erscheinungsjahr (wenn sie denn damals überhaupt an irgend einer Stelle in das Buch gedruckt wurden) sind inzwischen überholt. Ich frage mich also beim Bücherlesen oft: Was wurde INZWISCHEN aus der Autorin oder dem Autor?

Seit es das INTERNET gibt, können solche Fragen auch von einem Provinzbewohner wie mir unvorstellbar viel leichter beantwortet werden als früher. Ich benötige nicht mehr wie früher eine Uni-Bibliothek (und sogar wär nicht so gut wie heute das Internet). Vor drei Jahrzehnten scherzte ich gern: „Das einzige, was mir in Ehingen fehlt, ist eine U’Bee!“ – Das Internet hat diese Empfindung inzwischen fast gänzlich verschwinden lassen.

Ein Beispiel für Änderungen im Leben einer Autorin

Im folgenden ein Beispiel für die WECHSELNDE „Beleuchtung“, in die ein Autor dadurch gerät, dass zwischen dem Zeitpunkt, als das Buch erschien, und dem Zeitpunkt, zu dem ich diesen Aufsatz über meine Bücherleidenschaft schreibe, zweieinhalb Jahrzehnte vergangen sind. – Zum Verständnis zunächst folgendes: Die Politikerin und Schriftstellerin Rosa Luxemburg hat mich immer schon fasziniert, erst recht, seit ich die in meiner Jugend noch häufig zu lesende Verurteilung „kommunistisches Flintenweib“ als übel parteiisch zu durchschauen gelernt habe. Rosa Luxemburg ist für mich nicht nur wegen ihrer hohen Allgemeinbildung und wegen ihrer Berührbarkeit durch Natur und Kunst ein ungewöhnlicher Mensch, sondern auch, weil sie trotz politischem, journalistischem, wissenschaftlichem Engagement eine erotisch affizierbare Frau war und blieb. Dieses Element ihrer Person ist uns aber eigentlich erst NACH ihrem gewaltsamen Tod bekannt geworden, das meiste sogar erst viele Jahrzehnte danách. Zu Rosa Luxemburgs Liebesbeziehungen gehörte auch eine zu dem aus dem schwäbischen Hechingen stammenden Rechtsanwalt Paul Levi, später Mitgründer und kurzzeitig erster Vorsitzender der deutschen Kommunistischen Partei. In der Literatur über das Leben von Paul Levi wird die These vorgetragen, dass das Erlebnis „Ermordung von Rosa Luxemburg“ aus dem klugen, gebildeten Frankfurter Anwalt einen politisch engagierten Menschen machte. Dass es aber zwischen Rosa Luxemburg und Paul Levi eine LIEBESbeziehung (und nicht nur die juristische Beziehung „Angeklagte – Verteidiger“) gab, das wurde erst durch die Entdeckung von in den USA ! aufbewahrten Briefen Luxemburgs an Levi SECHZIG Jahre NACH Luxemburgs Ermordung bekannt. Die 1980 noch relativ junge Politikwissenschaftlerin Sibylle Quack entdeckte diese intimen Briefe Luxemburgs an Paul Levi bei dessen Neffen in Connecticut / USA. Den 1983 erschienen Briefe-Band erwarb ich antiquarisch 13 Jahre nach seinem Erscheinen als Taschenbuch. (Sibylle Quack, Geistig frei und niemandes Knecht – Paul Levi / Rosa Luxemburg – Politische Arbeit und persönliche Beziehung / Mit 50 unveröffentlichten Briefen, 1983, TB 1986)

Seit der ersten Auflage sind (zum Zeitpunkt, als ich dieses hier schreibe) 24 Jahre vergangen. - Was aber wurde inzwischen aus der Briefe-ENTDECKERIN?

Das Internet beantwortet meine Frage J. Sibylle Quack arbeitete NACH der Promotion beim Presseamt der Bundesregierung, dann habilitierte sie sich (am Leo-Baeck-Institut New York) mit einer Arbeit über die Emigration jüdischer Frauen nach 1933 in die USA. - Von 2000 bis 2004 war sie Geschäftsführerin der „Stiftung Denkmal für ermordete Juden Europas“ unter dem Vorsitz von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Sie war also an leitender Stelle für die Planung und den Bau jenes große, jahrelang umstrittene Berliner Shoa-Denkmal mitten in Berlin verantwortlich. - Diese Tätigkeit endete mit einem Missklang: Der Geschäftsführerin wurde vorgeworfen, sie habe nicht genügend beachtet, dass für die Errichtung des Berliner Denkmals eine Firma arbeitete, die während des Dritten Reichs das Töte-Gas für Vernichtungslager herstellte. - Seit Frühjahr 2006 hat Quack eine Gastprofessur an einem US-College in New Hampshire inne. – So spannt sich ein Bogen von intimen Briefen einer deutschen Revolutionärin aus dem Jahr 1914 über die Entdeckung dieser Briefe 1980 bis zum Berliner Shoa-Denkmal 2004. http://www.gps.uni-hannover.de/ipw/mitarbeiter/apl/quack/pub.html

Meine langjährige Erfahrung:

Bücherschreiber wollen nicht gern kritisiert sein

Manche Bücher begeistern mich – manche ärgern mich.

Lange Zeit hatte ich die Empfindung, ich sollte mein Unbehagen an einem Buch zuallererst dem AUTOR dieses Buchs vortragen. ER sollte zu einer Kritik Stellung nehmen können, bevor ich diese Kritik an eine sogenannte Große Glocke hänge. Vielleicht hat der Autor ja auch gute oder zumindest vertretbare Gründe für jene Ansichten, die mich in seinem Buch echauffierten.

Ich schrieb also während einer Reihe von Jahren nachfragende, meist höflich-kritische Briefe an Autoren von Büchern, die ich als ärgerlich empfand.

Das Ergebnis war und ist niederschmetternd: Entweder KEINE Antwort oder aber eine herablassende. Auf eine HÖFLICH!, ausführlich und verständlich vorgetragene Kritik ist keiner der von mir befragten, kritisierten Autoren mir gegenüber bisher jemals INHALTLICH eingegangen.

Ich folgere daraus: Der KRITIKER eines Buchs braucht nicht - wie von mir früher gedacht und geplant - den - eigentlich ja HÖFLICHEN - Umweg über den AUTOR zu machen; er darf sich auch mit einer HARTEN Kritik SOGLEICH und DIREKT an die ÖFFENTLICHKEIT wenden.

Wenn zwei Bücherfreaks sich trennen,

ist es das Schwierigste, die Bibliothek auseinanderzunehmen

Ich erwähnte eingangs das Buch von Anne Fadiman „Geständnisse einer Bibliomanin“.

Zu den verblüffenden Details in diesen „Geständnissen“ gehört das folgende:

Das LIEBESpaar, dann EHEpaar Fadiman besteht aus ZWEI SCHRIFTSTELLERN…. . Mit diesen Berufen war ein „bibliothekarisches“ Problem verknüpft: Frau und Mann besaßen bereits viele Bücher, als sie sich kennen lernten. Mit der Heirat und der Errichtung eines gemeinsamen Hausstandes entstand das Problem, wie ZWEI verschiedene Bibliotheken zu EINER zusammengefügt werden können. - Die beiden Bücher-Freaks beschlossen daher diesen schwierigen Schritt der KOMBINATION erst LANGE NACH ihrem Zusammenzug in EINE Wohnung. Sie drückten sich zunächst vor dieser bei einer Heirat und Begründung EINES gemeinsamen Wohnsitzes eigentlich naheliegenden Aufgabe. Erst zehn Jahre nach dem Zusammenzug, sechs Jahre nach der Hochzeit und ein Jahr nach der Geburt des zweiten Kindes machten sie aus ZWEI Bibliotheken EINE. Das Ehepaar erkannte, dass „im Fall des Falles“ „eine Ehescheidung eigentlich nicht mehr in Frage“ kommt: „Wie soll man nochmals diese Bibliothek gerecht auseinander nehmen?“

Der Sortierer vf und seine Probleme beim Sortieren….i –

Ich komme auf die selbe „Lösung“ wie die Fadimans

Amüsiert haben mich als alten Bücher-Sortierer die Gedanken der Büchersammlerin Fadiman zu ihrer selbstgestellten Frage: „Wie ordnen wir unsere Bestände in englischer und in amerikanischer Belletristik?“ - Das war – und ist – eine Frage, die ich mir auch schon mehrmals stellte.

Das Ehepaar Fadiman fand folgende salomonische Lösung: englische Belletristik wird bis 1900 chronologisch, die amerikanische von ihrem BEGINN an alphabetisch sortiert. Fadiman erklärt das so: Es ist befremdlich, einen „Beowulf“ (aus dem 8. Jahrhundert) oder einen Chaucer (aus dem 14. Jahrhundert) in einer alphabetischen Reihe mit Blake oder Shakespeare zu sortieren. Bei der US-amerikanischen Literatur gibt es keine solch harten literarischen Einschnitte und Veränderungen wie in der weit älteren und länger währenden ENGLISCHEN Belletristik.

Anne Fadiman spricht mir mit diesem Urteil und Verfahren aus dem Herzen. Ich bekenne stolz (smiley): Ich habe schon lang vor dem Lesen des Fadiman-Buchs nach dem selben Rezept unsere englische und US-amerikanische Belletristik verschieden sortiert, die eine über einen langen Zeitraum hin chronologisch, die andere gleich von Beginn an alphabetisch…..


Mein ältestes Buch

Das älteste Buch, das ich besitze, und eher ein „Büchlein“ zu nennen, hat schon über vierhundert Jahre auf dem „Buckel“. Es ist eine lateinisch verfasste Schulkomödie über das allem nach recht lustige Leben der Studenten, erschienen in Köln 1569.

Anstreichungen im Text lassen mich vermuten, dass das Büchlein zum Auswendiglernen von Rollen verwendet wurde.

Ich frage rhetorisch in meine Leserrunde:

„Welcher Gebrauchsgegenstand sonst kann eine so lange Haltbarkeit vorweisen?“

Ich erwarb das leicht zerfledderte und kräftig mit Strichen etc. versehene (also Bibliophilen nicht mehr genügende) Bändchen mal für einige Euro auf einem Flohmarkt.

Ein französischer Kritiker der Französischen Revolution –

übersetzt von einem heute weit berühmteren DEUTSCHEN Kritiker dieser Revolution

Wenn ich meine Bücher unterm Aspekt „Alter“ betrachte, dann bin ich auch stolz auf den Besitz eines Büchleins aus der Feder des gebürtigen Schweizers, der als Erwachsener als Kritiker der französischen Revolution bekannt wurde:

Jacques Mallet du Pan (1749 – 1800): „Über die französische Revolution und die Ursachen ihrer Dauer – Übersetzt und mit einer Vorrede und Anmerkungen von Friedrich Gentz“, aus dem Jahr 1794.

Dies Büchlein war mein zweitteuerster Buchkauf: 420 Mark zahlte ich dafür im Jahr 1987 an ein bekanntes Stuttgarter Antiquariat.

Ich weiß nicht, welcher Teufel mich damals ritt ))

Eine damals zugleich erworbene Plutarch-Ausgabe (für 130 Mark) schenkte ich einem Alte-Sprachen-Lehrer am Ehinger Gymnasium. Ich dachte damals: Dieses intelligent gewählte Geschenk beeindruckt den Empfänger aufs äußerste und bewegt ihn und seine Frau zu mehr Kontakten mit uns. – Fehlanzeige - dieser VERSUCH einer (stilvollen) Bestechung (smiley) führte nicht zu dem von mir gewünschten Effekt

Mein teuerster Buchkauf

Ich finde eine alte Antiquar-Rechnung. Ihr zufolge zahlte ich Ende der achtziger Jahre 480 Mark für ein Buch mit dem Titel „Europa“. Wie der genaue Titel lautet, kann ich nicht erkennen – und weiß es auch nicht mehr. Aber so viel kann ich erschließen: Es ist nicht meine Ausgabe eines Buchs des französischen adeligen Revolutionskritikers de Maistre („Unterhaltungen in St. Petersburg“). Letzteres auch nicht grad häufige, aber in der spezialisierten Geistes- oder Mentalitätsgeschichte relativ bekannte Buch hab ich in Frankfurt um 1970 herum für grade mal 10 Mark erworben (ich seh das an dem Bleistift-Eintrag auf dem Vorsatzblatt). Es war natürlich auch wieder ein von der DDR-Regierung konfisziertes Buch….

Im Internet finde ich - während ich diese Zeilen schreibe - niemanden, der eine Gentz-Übersetzung des Mallet-du-Pan-Büchleins zum Kauf anbietet.

Ein trauriger Witwer feiert seine Frau mit einem Buch

Ähnlich alt wie der „Mallet du Pan“ ist ein hübsches Büchlein

Aux Manes de Marie-Elisabeth Joly, artiste célèbre du théatre Francais“, verfasst von N. F. R. F. Dulomboy, Ehemaliger Kapitän der Kavallerie, Paris, „Jahr VII der Republik“ (d. h. 1798) –

Vor x Jahren notierte ich mir zu diesem Büchlein: „Trauernder Ehemann veröffentlicht Buch zur Erinnerung an seine geliebte Gattin, mit Briefen von ihr, mit ihren Liebesgeständnissen... Mein Empfinden: das ist ein Stück neuer Leichenkult, nach antiken Vorbildern. Barockes und Neuklassisches gemischt. Mit eingefügt ist auch eine Komposition des seinerseits recht bekannten zeitgenössischen Komponisten Grétry, eigens von diesem komponiert auf die Verstorbene.“

Keine Nahrung für den Antisemitismus-empfindlichen vf

Aus dem Jahr 1817 stammt

J(ohann) M(ichael) Sailers Rede, gehalten am 20sten November 1817, nach der Hinrichtung des Israeliten Josua Nathan Lamfrom“ Landshut 1817.

Sailer gilt als hervorragender katholischer Theologe des 19. Jahrhunderts, sehr anders als viele andere, angeblich verklebte, rückständige seiner Kollegen. - Im Jahr 1992 notierte ich mir zu diesem antiquarisch erworbenen Büchlein: „Direkten Antisemitismus kann ich nicht erkennen.“

Einer (hoffentlich) vergangenen Fühlwelt gehört folgende nachlesbare Ansicht Sailers an: Die Verurteilung des Juden Lamfrom durch die staatliche Justiz seiner Zeit sieht Sailer als „Gottesbeweis“ an; die juristische Entscheidung hat für ihnen einen geradezu heiligmäßigen Charakter.

Ein Ehinger Dichter, von dem kaum jemand in Ehingen etwas wusste

Nicht nur alt (weil 1834 erschienen), sondern heimatgeschichtlich interessant ist meine Ausgabe

Abenteuer Telemachs Sohnes des Ulisses. Travestiert von Dr. v. Wagemann. Ulm, 1834“, umfassend zwei Bände, mit 230 und 190 Seiten, in EINEN Band gebunden.

Der Allmendinger Antiquar Rainer Feucht hatte mich in den 80er Jahren auf diese beiden Bände aufmerksam gemacht und sie mir für 300 Mark angeboten. Der Autor Wagemann war zu seiner Zeit (1815 – 1835) Stadtphysikus (also öffentlich bestellter Arzt) in Ehingen. Er war damals, als ich das Buch erwarb, also vor gut zwei Jahrzehnten, in Ehingen fast gänzlich vergessen. Inzwischen ist durch das Internet vieles anders geworden. Wer diesen alten zweibändigen Schinken lesen will, kann heute sogar ein sogenanntes Digitalisat des Textes aufrufen und am Bildschirm nachlesen, unter http://www.google.de/books?id=smcHAAAAQAAJ

Dieser „Vernetzung“ eines Buchs aus dem Jahr 1834 liegt ein Exemplar zugrunde, das in der Universitätsbibliothek OXFORD aufbewahrt wird.

- Anfang der 90er Jahre veröffentlichte ich einen umfangreichen, eine ganze Zeitungsseite umfassenden Text über Wagemann. Hilfreich war für mich damals der Kontakt mit einem Mitarbeiter der (Ost-)Berliner und dann Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, mit dem ausgezeichneten Bibliographen Dr. Herbert Jacob.

Seit Ende 2008 gibt es sogar ein BUCH über Wagemann, verfasst von einem Deutsch-Lehrer aus Weingarten. http://www.buchhandel.de/detailansicht.aspx?isbn=978-3-89089-450-8. - Werner Heinz war auf den Ehinger Amtsarzt und Schriftsteller Wagemann gestoßen, weil er sich als Weingartener mit Weingartener Lokalgeschichte und „bedeutenden Söhnen Weingartens“ befasste.

Erfreut darüber, dass endlich außer mir noch jemand anders sich an jenen einstigen Ehinger Arzt und Schriftsteller erinnert, schrieb ich eine Besprechung dieser Neuerscheinung http://mannigfaltigkeiten.twoday.net/stories/5489751/

die der Ravensburger Buchhändler und Publizist Andreas Praefcke Anfang 2009 in seine Internet-Zeitschrift http://mannigfaltigkeiten.twoday.net/ eingefügt hat.

Übrigens, um das Name-Dropping zu erweitern: Ein Büchlein des Autors Wagemann ist auch in der Uni-Bibliothek HARVARD aufbewahrt, inclusive eines interessanten Stichs (mit dem ich meine Veröffentlichung von 1991 illustriert hatte J: http://blogs.law.harvard.edu/houghtonmodern/2008/03/27/animal-kingdom/

Die Schwäbische Zeitung unterschlägt einen Leserbrief

Mit dem Buch von W. Heinz verbindet sich für mich eine unangenehme Erinnerung an meine Nachfolger in der Ehinger Schwäbischen Zeitung und an den damaligen Chefredakteur Geisenhanslüke von der Zentrale der Schwäbischen Zeitung in Leutkirch.

Der Autor Werner Heinz dankte MIR in seinem Buch über Wagemann an auffallender Stelle ausdrücklich für meine Unterstützung bei seinen Nachforschungen und führt in seiner nicht sehr langen Sekundärliteratur-Liste auch meinen Zeitungstext auf. - Völlig unbeeindruckt davon schrieb die Ehinger SZ nach dem Erscheinen des Buchs, W. Heinz habe Wagemann wieder entdeckt. Ich schickte einen Leserbrief an die Ehinger SZ-Redaktion mit dem Hinweis auf MEINEN Text zwei Jahrzehnte früher in der Ehinger SZ und mit der Bitte, die jetzige SZ-Falschmeldung zurechtzurücken. Ich verwies auch auf die ausdrückliche Erwähnung meines Zeitungstexts in dem neuen Buch über Wagemann. Die Ehinger SZ-Redaktion lehnte eine Veröffentlichung dieser (für sie natürlich peinlichen) Korrektur ab. Und der Chefredakteur der Schwäbischen Zeitung in Leutkirch, von mir zu Hilfe gegen seine Untergebenen in Ehingen angeschrieben, gab seinen Ehinger Adlaten noch Schützenhilfe.

Wenn ich schon beim Stichwort „vergessene Autoren“ bin: Auch auf einen anderen fast ganz vergessenen Schriftsteller mit Bezug zu Ehingen wies ich mit einem MEHRseitigen Zeitungstext während meiner Zeitungsredakteurtätigkeit hin, auf den katholischen Aufklärer J. Rueff.

Ein frühes Büchlein über den Himalaya, von einem Ehinger

Aus dem selben Jahr wie die erwähnte „Telemach“-Travestie von Wagemann, nämlich aus dem Jahr 1834, dem selben Jahr auch, in dem mein Ururgroßvater Thomas Feger die damals grade sieben Jahre bestehende Ehinger Zeitung übernahm, stammt auch ein schmales Druckwerk mit dem Titel

Das Berg-System des Himalaja – Eine physisch-geographische Skizze“ von R. Rogg, Professor am Ehinger Gymnasium, gedruckt in Biberach. Rogg war ein Lehrer des nachmals als Geologie-Forscher international berühmt gewordenen, aus Ehingen stammenden Pfarrers Josef Probst.

Natürlich bin ich auf den Besitz dieser frühen geographischen Veröffentlichung über den Himalaja stolz. Die Form dieser Veröffentlichung ähnelt den im 19. Jahrhundert üblichen gymnasialen „Programmschriften“ und erinnert mich an eine vergleichbare Festschrift unter meinen Bücher-Schätzen, an die

Festschrift des Königlichen Gymnasiums in Ehingen zur Jubelfeier der fünfundzwanzigjährigen Regierung seiner Majestät des Königs Karl von Württemberg“ (Stuttgart 1889) über das „ehemalige Zwiefalter Gymnasium und Kollegium zu Ehingen in seiner Erstlingsperiode (1686 – 1719)“. Der damalige Rektor des Gymnasiums, Dr. Hehle, ein Erforscher der Ehinger Heimatgeschichte, hatte sich auch als einer der ersten mit der Ehinger SCHUL- und der Zwiefalter Klostergeschichte forschend befasst.

Eine der ersten großen deutschsprachigen Veröffentlichungen

 zur „römischen Provinzialarchäologie“

Stolz bin ich - inzwischen - auch über den (von meinem Vater ererbten) Besitz der „Programmschrift“ eines Stuttgarter Gymnasiums aus dem Jahr 1889, „Reste aus römischer Zeit in Oberschwaben“, verfasst von Prof. Dr. Konrad Miller.

Dieser Aufsatz war einer der allerersten, die aus direkter „Feldforschung“ an römischen Resten in unserer engeren Heimat hervorgingen.

Der Autor, ein katholischer Geistlicher, aus dem Allgäu stammend, war zu jener Zeit Lehrer am Stuttgarter „Realgymnasium“. Er war zuvor Kaplan bei dem oben erwähnten, aus EHINGEN stammenden Pfarrer Josef Probst in Unteressendorf gewesen, zehn Jahre lang. Konrad Miller war universal gebildet, er war auf verblüffend verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten forschend und publizierend tätig, er gilt als Begründer der historischen Kartenkunde. Er war nicht nur Wissenschaftler und Publizist, sondern auch Organisator von Gruppenreisen, unter anderem ins „Heilige Land“. Seine bahnbrechenden Beiträge zur Erforschung des Limes wurden 2005 in einer Ausstellung im Aalener Limes-Museum gewürdigt. Welch interessantes Büchlein ich mit jener Stuttgarter Programmschrift besitze und in welcher Beziehung der Autor Miller zu dem aus Ehingen stammenden Geologen und Kunsthistoriker Probst stand, das wurde mir erst im Herbst 2007 klar.

Ein bibliographischer Hit: Aby Warburgs Doktorarbeit

Stolz bin ich auch auf den Besitz eines Exemplars von Aby Warburgs Dissertation.

Es gibt heute im Freien Handel sicher nicht mehr viele Exemplare dieser Doktorarbeit. die in geringer Auflagenzahl gedruckt worden war.

Der Titel der Dissertation lautet: „Sandro Botticellis ‚Geburt der Venus‘ und ‚Frühling‘ – Eine Untersuchung über die Vorstellungen von der Antike in der italienischen Frührenaissance“ (1893).

Der nachmals berühmte Kunsthistoriker aus dem gleichnamigen Hamburger Bankiersgeschlecht und Begründer der heute in England befindlichen Warburg-Kunstgeschichte-Bibliothek verfasste nur wenige Bücher, er wirkte vor allem durch Vorträge und Aufsätze. – Die genannte Veröffentlichung erwarb ich im Jahr 1994 (also grad hundert Jahre nach der Veröffentlichung dieses Buchs). Ich hatte den Titel im Katalog eines mir gut bekannten Ulmer Antiquars gesehen, für etwa 80 Mark. Das empfand ich als erstaunlich preisgünstig. – Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich diese Zeilen notiere, finde ich das Buch nirgendwo im Internet zum Kauf angeboten.

Ein Franzose beschreibt 1947 den kürzlich eroberten Kreis Ehingen

Sicher selten auf dem Buchmarkt zu finden und sicher weniger nachgefragt als Warburgs Dissertation J ist eine “Monographie“ über

Le Kreis d‘ Ehingen / Danube en Wurtemberg“, herausgegeben vom „Gouvernement Militaire de la Zone Francaise d’Occupation“.

Der damals für den Raum Ehingen verantwortliche französische Besatzungs-Offizier widmete das „Exemplaire No. 52“ am 7. Oktober 1947, also grade mal zweieinhalb Jahre nach Kriegs- und Dritt-Reichs-Ende, handschriftlich meinem Vater, „Imprimeur à Ehingen“, als „Zeugnis des Dankes für dessen Mitarbeit an der Präsentation und der Realisierung dieses Werks“ (von mir aus dem Französischen übersetzt). - Gedruckt hatten das 70-seitige Heft mit einigen Facsimiles und Karten die Buchauer „Vereinigten Buchdruckereien“ (im Besitz der örtlichen Drucker- und Verlegerfamilie Sandmaier. Diese Familie veranlasste 40 Jahre später ein Reprint des ALLERERSTEN Buchs, das mein Ururgroßvater Thomas Feger verlegt hatte, eine Geschichte des Klosters Marchtal, verfasst von dessen letztem Abt).

Ein ganz anderes Thema: Bücher, die dem Veit als Jungen gefielen

Ich hab grad eben einige Bücher genannt, „auf deren Besitz ich besonders stolz bin.“

Mit WELCHEN Büchern fing indes meine Bücher-Begeisterung einstens AN?

Ich besitze fast alle von mir erworbenen Bücher auch heute noch und kann mich auch an FRÜHE Erwerbungen erinnern.

Da finde ich beispielsweise von dem US-Amerikaner

Ralph Moody: „Ralph unter den Cowboys“, Zürich 1957.

Ich finde Swifts „Gulliver“ in einer bearbeiteten Ausgabe mit Zeichnungen von Fritz Fischer.

Ich finde „Die Mammutjäger vom Lonetal“ von Gustav Riek, 1951.

(Letzteres ist eine Mischung aus Sachbuch und Roman über Menschen der Vor- oder Frühgeschichte, die wahrscheinlich in Höhlen am Rand des Lonetals nordöstlich Ulm Unterschlupf suchten. Das Lonetal gehört zur Schwäbischen Alb; es weist mehrere große, gut zugängliche Höhlen auf. Der Tübinger Vorgeschichtler Riek hatte dort in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts Ausgrabungen geleitet.

(Stichwort „Riek“: HEUTE weiß ich, dass seine Vorgeschichtsforschungen unter „braunen“ Vorzeichen standen. – Wikipedia vermerkt über sein Leben die rätselhafte Nachricht, er habe nach dem Krieg zunächst als “vermisst“ gegolten, weshalb ein anderer Prähistoriker auf den vakant gewordenen Lehrstuhl in Tübingen berufen wurde.)

Ins Genre „Prähistorie“ und unters Rubrum „Bücher, die den jungen Veit begeisterten“, fällt auch ein anderes „Jugendbuch“, der

Rulaman“ von David Friedrich Weinland. Der „Rulaman“ war einer der berühmtesten deutschsprachigen Kinder- und Jugendromane des 19. Jahrhunderts. - Diesen Roman hatte ich mir als Preisbuch am Ende der zweiten Klasse Gymnasium ausgesucht, im März 1956. Die Urkunde war unterschrieben von meinem damaligen Klassen- und Biologie-Lehrer Dr. Zepf und von Schulleiter Dr. Breitenbach.

Als grauslig empfand ich vor einem halben Jahrhundert (daran erinnere ich mich noch) das angebliche „Jugend“-Buch „Das Königsgrab im gelben Felsen“, aus der Feder der Tiroler Schriftstellerin Auguste Lechner.

Begeistert und bewegt haben mich als Kind die Tiergeschichten von

Ernest Thomson Seton, „Bingo und andere Tiergeschichten“ (1951).

Bis heute weiß ich noch aus der einstigen Lektüre, dass sich Rabenvögel mit verschiedenartigen Schreien verständigen; ich weiß noch, dass der Wolf Lobo und die Fuchsmutter Vixen sich bewundernswert tapfer durchs Leben schlugen.

Begeistert hatten mich einst auch

Die gefesselten Gespenster“ von Werner Hörnemann.

Der Roman spielt in Marseille. Ich weiß noch immer, dass zum Roman-„Personal“ ein armenischer Flüchtlingsjunge zählt.

Die hier genannten Bücher las ich so im Alter von acht bis zwölf Jahren.

In meinen „Erinnerungen“ erwähne ich noch einige weitere mir sehr wichtige Bücher aus jener Zeit, ich zitiere:

Kasperle auf Burg Himmelhoch und die Erforschung Kamtschatkas

Als ich zwischen sechs und zwölf Jahren alt war, war meine LieblingsZEITSCHRIFT der wunderbare „Buchfink“ aus dem Herder-Verlag, des weiteren die Illustrierte „Kristall“, die ich in Lesezirkel-Sammelmappen bei meinen Großeltern oder bei Friseurmeister Dürr anschauen durfte, oder „Westermanns Monatshefte“, die mein Vater abonniert hatte.

Zu meinen wirklichen LieblingsBÜCHERN gehörten die

Kasperle-Romane von Josephine Siebe;

ich besaß alle sechs oder sieben Bände und besitze sie heute noch. (An den späteren Ausgaben stören mich die gewollt modernistischen Illustrationen.)

Ich identifizierte mich als Kind mit jenem Siebeschen Kasperle, das bei aller Gutmütigkeit häufig aus der Reihe fällt, das ausgelacht und gerügt wird, das dann schrecklich traurig ist und sich dort, wo es lebt, als Flüchtling, als HEIMATLOS empfindet. Die wahre schöne gute, echte Kasperle-Heimat ist weit weg, der Weg dorthin ist niemandem mehr bekannt.

Zu Tränen gerührt wurde ich als Kind auch von

Johanna Spyris „Heidi“,

diesem lieben fröhlichen mutigen spontanen (Roman-)Mädchen. Solch eine Heidi hätte ich gern kennengelernt. (Nun, der erste Kuss, den ich in meinem Leben einem Mädchen gab, galt tatsächlich einer Heidi, wenn auch nicht jener der Spyrischen Romane J. Das war in einem Park über der Altstadt des griechischen See-Städtchens Nafplion – und „das ist eine andere Geschichte“ J

Gerührt war ich auch vom

Hölzernen Bengele“ (Carlo Collodis „Pinocchio“). Dieses Bengele war ein Unangepasster wie Josefine Siebes Kasperle.

Ich erhielt den „Pinocchio“ – und einige andere Bücher - im Jahr 1952 zur Ersten Kommunion (neben acht Taschenmessern).

In jene Gruppe von den jungen Veit anrührenden Geschichten gehören auch

Erzählungen Christoph von Schmids, etwa „Rosa von Tannenburg“. Ich hatte ein Exemplar in einer Wäschetruhe meiner Mutter entdeckt, zerlesen und zerfleddert, wie es gerade DORThinkam, weiß ich nicht; das Exemplar war damals, Anfang der 50er Jahre, etwa siebzig Jahre alt. Christoph von Schmid wurde mir später auch deshalb ein Begriff (als ich seine Romane gar nicht mehr las), weil er trotz bayerisch-schwäbischer Herkunft und obwohl ein Geistlicher des Bistums Augsburg, ein Jahrzehnt lang in dem zu einer anderen Diözese gehörenden Dorf Oberstadion nahe Ehingen Pfarrer war. (Von Oberstadion wurde er dann auf eine Domkapitular-Stelle in Augsburg, in seinem Herkunftsbistum, zurückberufen.)

Aus jener Zeit erinnerlich ist mir auch ein Roman über zwei Jungens, die sich durch das China des Boxerkriegs durchschlagen.


Ja, FREMDE LÄNDER! - im Buch.

Ich las als Junge begeistert Reise-Beschreibungen. Ich erinnere mich da sofort an ein Buch über den

Jemen (verfasst von Hans Helfriz), an ein Buch über

die Erforschung der ostsibirischen Halbinsel Kamtschatka durch den deutschen Arzt Georg Wilhelm Steller im 18. Jahrhundert, an ein Buch über die

Durchquerung der innerasiatischen Wüste Taklamakan durch den Schweden Sven Hedin, das das Buch über die

Pazifik-Überquerung des Norwegers Thor Heyderdahl auf einem Balsaholz-Floß, genannt „KonTiki“.

Brennend interessierte mich alles, was mit dem Entdecken und Erforschen von bis dahin in Europa unbekannten Weltgegenden zu tun hatte. Zu solchen und ähnlichen Themen habe ich mir schon früh Bücher schenken lassen oder – wenn es ging – auch gekauft: unter anderem

Weltall und Urwelt“ (von Hartmut Bastian, 1954).

Als was verstehe ich mich heute? – als „Büchersammler“

Ich wundere mich über mich selbst: Die immerhin 29 Jahre schiergar TÄGLICHE Arbeit in der Ehinger „Schwäbischen Zeitung“ rückt meinem Gefühl und Gedächtnis immer ferner. Ich definiere mich heute kaum noch über diese Zeit und Tätigkeit. Kurz gesagt: „Das WAR mal.“ Anerkannt wurde das Gute an dieser meiner Arbeit sowieso selten. Meine Quasi-Vorgesetzten in der Zeitungszentrale in Leutkirch bescheinigten mir sogar mehrfach SCHLECHTE Arbeit. - Ich bin auch nicht stolz auf irgendwelche (von mir geleisteten) Guten Werke oder auf meine Arbeit als Vater, als Erzieher. Ich bin heute am meisten stolz über die BÜCHER, die ich zusammengetragen habe. Ich bin nicht stolz über von mir geschriebene Texte (es waren nicht wenig), sondern nur über von mir intelligent ausgewählte, gekaufte, ordentlich aufbewahrte und inzwischen auch teilweise (wie grad hier:) kommentierte Bücher .

Nach meinem Ableben (oder vielleicht schon früher, nämlich, wenn ich in ein Pflegeheim umziehen muss, falls ich so lange lebe), wird diese erstaunliche Bücher-Sammlung sicher auseinandergerissen. Wer hat schon so viel Platz wie ich für Bücher? - abgesehen vom kleiner werdenden oder vom überhaupt mangelnden Interesse an (traditionellen) Büchern bei vielen jüngeren Leuten.

Einer meiner Glücksfunde:

Texte von jüdischen Österreichern, die nichts so sehr sein wollten wie normale Österreicher

Ich komm schon wieder mit meinem Stolz über meine „Trouvaillen“, beispielsweise auf folgenden Flohmarkt-Fund

Wien, Vorstadt Europas“, Artemis Zürich 1963.

Dieser feudal gedruckte Schwarz-weiß-Fotoband enthält Texte von Heimito von Doderer, Herbert Eisenreich, Alexander Lernet-Holenia, Helmut Qualtinger, Friedrich Torberg und Hans Weigel.. Das überformatige Buch kostete mich auf einem Flohmarkt drei Euro. Der Hit an diesem Buch: Die genannten sechs Autoren, die vor vierzig Jahren zu den berühmtesten Österreichs zählten, haben jeweils ihren Namen in das Buch geschrieben; es enthält also sechs Autogramme. Ich vermute, dass es nicht mehr als fünfzig Bücher dieser Art mit Autogrammen aller sechs beteiligten Autoren gibt.

Noch eine Besonderheit an diesem Buch: Es sind unter den sechs genannten Autoren mindestens zwei, die im Dritten Reich „braun“ orientiert waren: Doderer und Lernet-Holenia, auch wenn sie später versuchten, vor allem Lernet-Holenia, diese „Orientierung“ zu kaschieren. Die JÜDISCHEN Österreicher in diesem Buchautoren-Sextett, Autoren, die nur überlebten, weil sie aus der damaligen „Ostmark“ des damaligen Deutschen Reichs geflüchtet waren, schreiben im Klappentext und auch sonst in den Texten nichts von ihrem JUDENtum, nichts von ihrem Exil. Der (jüdischstämmige) Hans Weigel verfasste die kurzen biographischen Texte am Ende des genannten Buchs: Er feiert sich selbst und seine Schriftsteller-Kollegen als die wahren begeisterten WIENER (Heimito von Doderer habe Wien verewigt wie etwa Balzac die Metropole Paris und Dickens die Metropole London); der Offizier und Hagestolz Lernet-Holenia wird von Weigel als „repräsentativer österreichischer Autor“ gefeiert. Von dem (jüdischen) Autor Torberg schreibt Weigel, er sei auch im Exil in „fanatischer Treue zu Österreich und zur deutschen Sprache“ gestanden, er fröne „seiner Neigung, Wiener zu sein, höchst exzessiv und intensiv“. Der einstige Schweiz-Exilant Weigel nennt den einstigen Exilanten Torberg einen „Österreicher vom Dienst“. (Ich merke dazu an: Torberg SELBST nannte sich damals in Österreich den „Juden vom Dienst“).

FRAUEN finden wir in dieser Autoren-Runde nicht, dabei gab es auch damals schon in Wien fähige AutorINNEN, etwa Dorothea Zeemann oder Hilde Spiel.

Ich erkläre mir das fast vollständige Aussparen der Themen „NS“ und „Antisemitismus“ in diesem Sammelband damit, dass die Juden unter den österreichischen Schriftstellern unbedingt wieder in ihrer einstigen Heimat „dazu gehören“ wollten und dass andererseits die Ex-Braunen froh waren, wenn man nicht mehr von ihrer üblen Vergangenheit redete. So ergänzten sich Verdränger und Beinah-Vergesser.

Einige Buch-Erlebnisse aus „jüngerer Zeit“

Zuerst über den "Rentierzug", später über "Jerusalem"

Ich guck - zum ersten Mal seit Jahren - meine Abteilung "Völkerkunde" an.

Ich zieh mal ein Buch raus, das ich auf einem Flohmarkt der Ehinger Stadtbücherei  acht Jahre zuvor erwarb. Der übliche Preis damals für so ein Buch war 50 Cent, maximal 1 Euro!

Titel: Sonia und Tim Gidal, Der große Rentierzug - Erzählung für die Jugend, Orell Füssli Verlag, Zürich, 1962 - Das Buch hat also jetzt fast schon ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel. - Es gefiel mir damals, vor acht Jahren, weil es so lieb bebildert ist, Stichwort: Heile Welt am Polarkreis :-)

Jetzt zieh ich das Buch also wieder raus und les den Autoren-Namen

"Sonia und Tim Gidal"...........

hmmmmmmmmmmm............?

"Gidal?" .............

"Gidal?".

Ich hab doch sonst noch was von GIDAL!

Ich hab doch zwei dicke schöne große Bücher von einem Tim Gidal, der sich fallweise auch Nachum Gidal nennt, das eine  Buch über die Geschichte der deutschen Juden, mit sehr vielen Bildern, und das andere ein Buch über die Geschichte von Jerusalem, ebenfalls ein fabelhafter Bild-Text-Band. 

Tim Nahum Gidal war, fast noch ein Jugendlicher,  Anfang der 30er Jahre bereits ein sehr  erfolgreicher deutschen Bild-Journalist; er berichtete damals auch umfangreich über die palästinensisch-jüdischen Konflikte in Palästina; er unterrichtete nach dem Dritten Reich an der "New School for Social Research" in New York Journalismus, hat viele Zeitungsberichte verfasst und eine Reihe Bücher fotografiert/geschrieben.  - Über diesen  Tim Gidal hatte ich mich  schon mal kundig gemacht, vor einigen Jahren (weil mich eben Autoren interessieren). ABer nie las ich bisher was von einer SONIA Gidal….

Nun, es gibt das Internet - und ein wenig hilft mir sogar mein Buchbestand weiter, speziell ein Buch über deutsche Juden in Israel (aus der Mitte der Neunziger Jahre). Die Menschen darin waren damals fast durchweg steinalte Menschen, die ältesten geboren Ende der 30er Jahre).

Ja, und dann krieg ich also raus: Diese Sonia ist 15 Jahre jünger als der Tim, war mit diesem verheiratet, die beiden hatten auch ein Kind. Während Tim Mitte der 90er Jahre in Israel starb, scheint die Sonia sogar JETZT, 2010, während ich dieses Textstück recherchierte, noch am Leben, jedenfalls lebte sie bis vor einem Jahr noch, putzmunter, mit Ende achtzig, in Berlin, ihrer einstigen Heimatstadt. Sonia Gidal tritt immer wieder mal bei Vorträgen auf und erstaunt durch ihre Lebendigkeit. - Das Internet berichtet von einer Diskussion in Berlin, bei der sie ihre erste Auswanderung nach Israel Mitte der 30er Jahre in ihrer ABENTEUERLUST  begründet sehen wollte, nicht in einer Not- und Zwangssituation, herrührend vom Dritten Reich. Es gab bei diesem Vortragsabend zwischen ihr und Zuhörern sogar richtig Streit: Es war wohl ein Konflikt zwischen einem Typus Deutscher, dem  unbedingt daran liegt, dass die Bösartigkeit des Dritten Reichs immer und allzeit betont wird, und andererseits der Eigentümlichkeit jener Sonia aus reichem Berliner jüdischem Haus, die diesen großen Schritt nach Palästina als IHRE TAT der FREIHEIT angesehen wissen wollte :-). - Der Vater von Sonia scheint sich um jene Zeit herum von der Mutter und der Familie getrennt zu haben, kehrte in seine (jüdisch)baltische Heimat zurück, wurde dort Theaterleiter und von den deutschen NS-Leuten gleich zu Anfang ihrer Eroberung…….....

 Interessant auch: Sonia hat mit ihrem Mann Gidal VIELE (sicher mehr als ein Dutzend) Bücher verfasst; sie steuerte wohl eher die Texte bei, er die Fotos, Bücher  über so romantische Themen wie „das Leben der Lappen“ oder über "Das Dorf in Jugoslawien", in England..., in x Ländern" :-). Ob Deutschland darunter ist, das weiß ich jetzt nicht.  :-) es ließe sich aber rauskriegen :-) - Irgendwann ging die Ehe Gidal, scheint mir,  ausnander, keiner von beiden redet aber in den mir erreichbaren Internet- und Buch-Texten  von dieser Ehescheidung, Sonia nicht, und  Tim Gidal erwähnt in seiner zweiseitigen Lebensbeschreibung kurz vor seinem Tod in

Die Jeckes – Deutsche Juden aus Israel erzählen, Köln-Weimar-Wien 2000“

nix von einer Ehefrau und nix von einem Sohn - dabei gehören „Ehe“ und „Kinder“ unter Juden zu den zentralen Lebensthemen.

Wenn ich in das oben erwähnte Buch vom skandinavischen Rentierzug reinschau, dann ich mir bei so viel Begeisterung für ein urtümliches Nomadenvolk nicht leicht vorstellen, dass die Autoren zwei jüdische Menschen waren, die ihre Lebensmittelpunkte lange Zeit in New York und in Palästina hatten... Oder doch? Jedenfalls lernte Sonia in Palästina nomadische Beduinen kennen und begeisterte sich für sie so sehr, dass sie meint, sie sei wohl früher auch mal Beduinin gewesen.

Ein Buch über Napoleons Russland-Feldzug wird aufgelegt 

WÄHREND des NS-DEUTSCHEN Russland-Feldzugs…

Kürzlich befasste ich mich wieder mal ein wenig mit dem Thema „Napoleon“… Der Anlass? - weiß ich nicht mehr…. Vielleicht war‘s der Umstand, dass wir bei unseren seniorigen Auto-Fahrten in katholischen Kirchen von Bayerisch-Schwaben immer wieder Tafeln zum Gedenken an bayerische Soldaten der NAPOLEON-Zeit sehen, etwas, das in dieser Form im WÜRTTEMBERGISCHEN Schwaben selten ist.

In diesem Krieg, also vor allem in Russland, kamen aus Bayern wenigstens zwanzigtausend junge gesunde Männer ums Leben, damals war das ein schlimmer Aderlass für dieses Land.  - Im Zug meiner Bücher-Nachforschungen krieg ich jetzt endlich raus, was mich schon vor Jahren beschäftigt hatte.. :  Diese Erinnerungen eines schwäbischen Künstlers, der an dem Russland-Feldzug Napoleons teilnahm, wurden ausgerechnet zu jener Zeit in Deutschland wieder aufgelegt, als dieses Deutschland Russland mit deutschen Soldaten in noch größerer Zahl überschwemmte….

Des Kriegers Grauen und des Lebens Lust – Aus den Erinnerungen des Schlachtenmalers Albrecht Adam, Herausgegeben von Luitpold Adam, Ebenhausen 1942!

Siehe auch meinen Aufsatz über Autoren, die ich kannte oder kenne….

Auf den vorstehenden Seiten ließ ich eher nach dem Zufallsprinzip ein wenig von dem Revue passieren, was ich unter meinen Bücherschätzen als Besonderheit empfinde.

Nun hab ich vor Jahren auch mal ein wenig aus meiner Bibliothek nach dem Ordnungsprinzip „Autoren, die ich kannte oder kenne“ zu ordnen versucht.

http://veit-feger.homepage.t-online.de/buecher.htm

Auch in anderen Aufsätzen auf dieser Website spielen Buch-Erlebnisse eine Rolle….

Schnuppern ist erlaubt….

Begegnungen beim Allmendinger Bücherflohmarkt 2010

Eine Mail-Freundin weiß, dass ich am Samstag, 6. 11.2010, auf dem Allmendinger Bücherflohmarkt war. Sie fragt mich mailig:
"Wars nett dort ? Intressant ? was Neues..“


Diese Bitte ist mir natürlich BEFEHL :.-)

Für diesen meinen Aufsatz „Büchergeschichten“ wähl ich ein wenig aus meinem damaligen Bericht aus.

 

Erneute Begegnung mit dem Bücherpastor

„Ich seh  den Bücherpastor aus der Nähe von Göttingen, der seit Jahren regelmäßig mit einem Klein-Lkw in der Nacht zum Samstag nach Allmendingen fährt und die folgende Nacht  zurück, deshalb so rasch, damit er seinen SONNTAGSgottesdienst ganz regulär in „seiner“ Kirche halten kann!..

Wie ich grad feststelle, brachte das Fernsehen ausgerechnet in der Nacht zum JETZIGEN Samstag, zu einer Zeit, als der Pastor vielleicht noch auf der Straße nach Allmendingen unterwegs war, einen Bericht über ihn :-) )
http://www.katlenburg-lindau.de/burg.htm -

Pfarrer Weskott sieht unverwechselbar aus:  wie der alte TOLSTOI,

mit einem  langen grauen Vollbart.

Ein Patentamtsrichter als Büchersammler

EIN weiterer Stand fällt mir auf durch sein irrsinnig gutes und schönes Angebot an Kunstbüchern, und zwar genau von der Sorte, wie ich sie mag:

mit Landschaftsbildern aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Ich bin fasziniert.
Ich befrage die Frau und den Mann am Stand, vermutlich ein Ehepaar:

sie vielleicht 65-7o, er eher 55-60. SIE wirkt sehr gebildet.
Ich erfahre: Hier wird der Haushalt eines einstigen Richters am Patentgericht München angeboten; der Mann, so um die 80, hat ein Zimmer in einem Pflegeheim südlich München bezogen.
 Ich bitte die Verkäufer, diesem Mann meine Bewunderung für seine exzellente Buchauswahl und meinen Dank auszudrücken.

Später frag ich dann nach einer Adresse, damit ich mein Lob diesem ungewöhnlichen Büchersammler SELBST schreiben kann.

Aber die Adresse ist dem Verkäuferpaar nicht genau bekannt und wird mir auch nicht mitgeteilt. Meine Anfrage an das Münchner Patentamt nach einem pensionierten Richter des Amts wird mit der Auskunft beschieden und erledigt, es gebe über hundert Richter – da könnte man mir nicht einfach einen nennen…….. Schade! – so kann ich nämlich meinen Dank an jenen Büchersammler NICHT abstatten.

Fast alle diese Bücher aus München wurden für zwei ZWEI Euro das Stück angeboten - und trotzdem kaum gekauft .-( - Ich legte noch einiges dazu, es war immer noch schandbar günstig.

Der Gründer des Ostalb-Literatur-Archivs verkauft,

was er nicht mehr braucht….

Ich "entdecke" noch einen sehr sehr großen Stand mit sehr viel regionaler heimatkundlicher Literatur.
 Der Verkäufer scheint ein interessanter Typ.
Ich befrage ihn und erfahre:
Es ist Reiner Wieland, 70 Jahre, früher Lehrer. Er hat ein Literaturarchiv für Schriftsteller, Journalisten, Sachbuchautoren aus Ostwürttemberg (so ungefähr der Raum Heidenheim, Aalen, Göppingen) gegründet und betreibt dieses Archiv  nun schon seit 36 Jahren. Er hat in dieser Zeit "zwei Kilometer Bücher" gesammelt, die er teils im eigenen Haus, teils in einem Nachbarhaus in einem Weiler namens Heubach/Lautern (etwa in der Mitte zwischen Schwäbisch Gmünd und Aalen) in schiebbaren Regalen untergebracht hat, schiebbar - so kann er die begrenzte vorhandene Stellfläche optimal ausnützen.
Der Mann wirkt souverän, optimistisch, unternehmend, so wie eben tätige Leute auch in vorangeschrittenen Jahren wirken.
Er schlägt mir sofort vor,  ich solle doch so ein Archiv für MEINE "Ecke", Ehingen-Ulm,  initiieren. Der Landkreis Alb-Donau werde mich sicher unterstützen, er nennt gleich mögliche Mitmacher, er kennt sich aus :-)
Ich lehne dankend ab.
? Wie kam er zu diesem seinem "Hobby", das inzwischen auch von einem Verein unterstützt wird?
R. Wieland  besuchte vor 36 Jahren mit einer Schulklasse das große Literaturarchiv in Marbach am Neckar (früher Schiller-Nationalmuseum).
Er erkundigte sich, was da so gesammelt wird, und erfuhr, dass da nur die Großkopfeten der deutschen Literatur gesammelt werden, also eben „Schiller etc.“, aber nicht regional interessante Dichter, Journalisten, Sachbuchautoren.
So begann er, sich selbst an die Sammlung und Archivierung solcher Bücher zu machen.
Man merkt, er kennt sich in diesem Gebiet fabelhaft aus. -
Der Förderverein um ihn herum hat Mitte der 90er Jahre  einen Preis begründet, benannt nach dem aus dem Sudetenland stammenden Schriftsteller Josef Mühlberger, 1903-85, der nach der Vertreibung aus seiner Heimat für mehrere Jahrzehnte auf der Ostalb, in Eislingen, wohnte, als Journalist bei einer Esslinger Zeitung arbeitete und in Eislingen starb..
 http://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Mühlberger

Ich frage, warum er auf dem Flohmarkt Bücher verkaufe?

(er übrigens NICHT billig ;-).
Antwort: "Mich interessieren bei Nachlässen, die mir angeboten werden, oft nur einige wenige Bücher, die in meiner Sammlung noch nicht enthalten sind; aber ich krieg diese Bücher nur, sagen die Leute, wenn ich ALLLLLLEs mitnehme. Also nehm ich halt ALLES mit, biete das von mir nicht mehr Benötigte auf Flohmärkten an und kann damit auch ein wenig mein Archiv finanzieren."


 

Veit Feger

eMail:  Veit.Feger@t-online.de

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